1910-Der Bischof von Chur als Grundherr im Mittelalter
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gelangten sie auch in den Mitgenuss der Bussengelder. Selbst die Regalien<br />
wurden nach und nach <strong>von</strong> ihnen beansprucht.<br />
S. 167: Man sieht: das Volk gelangt nicht bloss zu Befugnissen, die, vom politischen<br />
Standpunkt betrachtet, bedeutend waren, sondern auch zu ökonomisch sehr<br />
wertvollen Rechten.<br />
Wir verzichten darauf, diesen Werdegang gesondert für die einzelnen Täler zu<br />
betrachten. Bloss die Entwicklung der Stadtgemeinde <strong>Chur</strong> erfordert eine<br />
besondere Darstellung.<br />
Wir haben <strong>im</strong> 6. Kapitel die Rechte des <strong>Bischof</strong>s in <strong>Chur</strong> kennen gelernt, deren<br />
Bedeutung dem Gemeinwesen den Charakter einer bischöflichen Stadt gab. Das<br />
15. Jahrhundert stellt nun einen beständigen Kampf der Bürgerschaft <strong>Chur</strong> zur<br />
Erringung ihrer Selbständigkeit dar. Anno 1406 benutzte die Bürgerschaft die<br />
Geldverlegenheit des <strong>Bischof</strong>s Hartmann, um durch Erlegung einer Summe <strong>von</strong><br />
160 Mark das Recht, an Stelle des Ammanns einen selbstgewählten<br />
Werkmeister zu setzen, sich zu erwerben. Als dann <strong>von</strong> den Bürgern in<br />
eigenmächtiger Weise dem Kleinen Rat ein Grosser Rat vorgesetzt und der<br />
Werkmeister- durch einen Bürgermeister ersetzt wurde, da entbrannte der Streit<br />
zwischen <strong>Bischof</strong> und Stadt. 1422 belegte <strong>Bischof</strong> Johann Abundius Naso die<br />
Stadt mit dem Kirchenbann, worauf die Bürger das Schloss des <strong>Bischof</strong>s, der<br />
sich <strong>im</strong> Tirol befand, erstürmten und plünderten. <strong>Der</strong> <strong>Bischof</strong> musste es sich<br />
gefallen lassen, diesen Streit durch einen Schiedsspruch <strong>von</strong> Abgeordneten der<br />
Gotteshausgemeinden schlichten zu lassen. Um die Stadt <strong>Chur</strong> für das Unglück<br />
eines <strong>im</strong> Jahr 1464 entstandenen furchtbaren Brandes gewissermassen etwas zu<br />
entschädigen, bewilligte Kaiser Friedlich III. ihr die Einführung einer<br />
Zunftverfassung und die Einlösung der Reichsvogtei gegen Erlegung des<br />
Pfandschillings an den <strong>Bischof</strong> 659 . Im gleichen Jahr machte die Bürgerschaft<br />
<strong>von</strong> dem ersten der ihr zugestandenen Rechte Gebrauch, errichtete fünf Zünfte<br />
und<br />
S. 168: wählte einen. Oberzunftmeister, um die Stadt vor dem bischöflichen Einfluss<br />
<strong>im</strong> Rat zu schützen. Die Einlösung der Reichsvogtei sollte <strong>im</strong> Jahre 1481<br />
erfolgen. Infolge des Sichsträubens des <strong>Bischof</strong>s Ortlieb <strong>von</strong> Brandis<br />
entstanden über diese Frage Zwistigkeiten, welche erst <strong>im</strong> Jahre 1489 durch<br />
einen Schiedsspruch entschieden wurden 660 . Durch diesen erlangte die Stadt<br />
659 Vergl. Planta, Verfassungsgeschichte, 51.<br />
660 Urkunde <strong>im</strong> Stadtarchiv.