1910-Der Bischof von Chur als Grundherr im Mittelalter
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Gamertingen, gelegen in Zuoz, Samaden, Scanfs, Campovasto, Bevers,<br />
Madulein, Celerina, St. Moritz und Pontresina mit Eigenleuten, Zehnten und<br />
allem, was sonst dazu gehört, <strong>im</strong> Bereich zwischen Pontalt, Albula,<br />
Berninapass und Campfer übertragen. Planta n<strong>im</strong>mt an, dass durch diesen Kauf<br />
aller Boden innert den angegebenen Grenzen dem<br />
S. 104: <strong>Bischof</strong> überlassen worden sei, und will dadurch die in diesem Bezirk dem<br />
<strong>Bischof</strong> zustehende niedere Gerichtsbarkeit erklären 371 . Was die<br />
Gerichtsbarkeit betrifft, so bemerken wir hier bloss, dass dieselbe unabhängig<br />
vom Bodeneigentum war. Gegen so weitgehende Rechte am Boden, wie sie<br />
Planta dem <strong>Bischof</strong> durch obigen Kauf übertragen wissen will, sprechen aber<br />
folgende Gründe. Im gleichen Bezirk hatten auch die Herren <strong>von</strong> Tarasp<br />
Besitzungen, die dann, wie Planta selbst bemerkt, auch auf den <strong>Bischof</strong><br />
übergingen (1160-1177) 372 . Ausserdem sind <strong>im</strong> bischöflichen Rodel <strong>von</strong><br />
1290 373 <strong>als</strong> wichtigere bischöfliche Besitzungen <strong>im</strong> Oberengadin nur die Höfe<br />
<strong>von</strong> Zuoz und Samaden genannt. Und drittens war - abgesehen <strong>von</strong> der Familie<br />
der bischöflichen Höfe - die Bevölkerung des Oberengadins frei und, wie es<br />
scheint, auch nicht durch Lehensverhältnisse abhängig, wie Planta selbst -<br />
offenbar <strong>im</strong> Widerspruch zu obiger Behauptung - zugibt 374 . Denn hätte aller<br />
Boden des genannten Bezirkes dem <strong>Bischof</strong> gehört, so würden die Bauern <strong>als</strong><br />
Lehensleute darauf gesessen haben.<br />
Und die bischöflichen Verfügungen, die anderseits Planta <strong>als</strong> Ausfluss einer so<br />
weitgehenden <strong>Grundherr</strong>lichkeit auffasst, liefern, näher besehen, keineswegs<br />
einen Beweis für seine Annahme. Planta sagt nämlich: «In der Tat hat sich der<br />
<strong>Bischof</strong> <strong>von</strong> <strong>Chur</strong> dort (in dem angegebenen Bezirk) auch stets <strong>als</strong> <strong>Grundherr</strong><br />
benommen: so indem er Anno 1244 den Andreas Planta <strong>von</strong> Zuoz <strong>als</strong> seinen<br />
Kanzler anweist, dafür zu sorgen, dass keine dortigen Grundstücke an Fremde<br />
veräussert werden 375 , sodann <strong>im</strong> Jahre 1288 dessen Sohn gleichen Namens mit<br />
dem St. Moritzersee und verschiedenen andern Gewässern 376 und später die<br />
Familie<br />
371 Planta, Currätische Herrschaften, 48 ff.<br />
372 Mohr, Cod. dipl., I Nr. 136 und 144.<br />
373 Mohr, Cod. dipl., 2 Nr. 76.<br />
374 Planta, Currätische Herrschaften, 56.<br />
375 Mohr, Cod. dipl., I Nr. 220.<br />
376 Mohr, Cod. dipl., 3 Nr. 13.