1910-Der Bischof von Chur als Grundherr im Mittelalter
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erklärt. Er fasste, wie es durch das Gesetz festgestellt wurde, in sich das<br />
Präsentationsrecht des Patrons, ein Aufsichts- und Vertretungsrecht, einen<br />
Al<strong>im</strong>entationsanspruch seitens des Patrons <strong>im</strong> Falle schuldloser Verarmung,<br />
sowie gewisse Ehrenrechte 647 .<br />
Patrono debetur honos, onus utilitasque<br />
praesentet, praesit, defendat, aletur egenus.<br />
Natürlich wurden diese Änderungen des frühem Eigenkirchenrechtes nicht mit<br />
einem Schlag in die Praxis umgesetzt. Vielmehr behauptete sich das alte Recht<br />
noch bis tief ins <strong>Mittelalter</strong> hinein 648 .<br />
Dies zeigt sich auch in Rätien. Dort war, wie wir gesehen haben, eine<br />
königliche Kirche nach der andern an das Bistum übergegangen 649 . Schliesslich<br />
ist <strong>von</strong> keiner Reichskirche die Rede mehr. Auch andere Eigenkirchen kamen<br />
durch die Erwerbung ganzer Herrschaften in die Hand des Bistums - so die<br />
beiden Kirchen der Gamertingerherrschaft. Die übrigen Eigenkirchen gehörten<br />
hauptsächlich den Klöstern. Als nun die Umänderung des alten Rechtes in das<br />
Patronat stattfand, entstanden demgemäss vorherrschend geistliche Patronate 650 .<br />
Über die Kirchen des Bistums hatte der <strong>Bischof</strong> die freie Kollation. Die<br />
Eigenkirchenidee aber, die, wie wir nachgewiesen haben, <strong>im</strong> Bistum selbst<br />
Eingang gefunden, wirkte daselbst noch lange Zeit nach. Noch <strong>im</strong>mer wurden<br />
wie früher Kirchen und Kapellen mit allen ihren Rechten veräussert und<br />
verpfändet oder - infolge des Lehens-<br />
S. 164: wesens - zu Lehen gegeben 651 . Aber auch die Veräusserung der einzelnen<br />
Rechte (Patronat, Zehnten etc.) und die Belehnung mit denselben zeigt deutlich<br />
die Tendenz, diese Rechte <strong>als</strong> Vermögenswerte zu benutzen 652 .<br />
Im Falle der sogenannten Inkorporation, die auch ein Kind des<br />
Eigenkirchenwesens ist, erhielten die Stifter einen Anspruch auf das ganze<br />
Einkommen der ihnen inkorporierten Kirchen, welches hauptsächlich in den<br />
Widmen und Zehnten bestand. Dass bei solchen Inkorporationen tatsächlich das<br />
«temporale» gegenüber dem «spirituale» in den Vordergrund trat, geht daraus<br />
647 Friedberg, Kirchenrecht, 1.111 ff.<br />
648 Schröder a. a. O. 536.<br />
649 Siehe oben S. 81 ff.<br />
650 Vergl. Ströbele, Beiträge, 23.<br />
651 Vergl. die Quellenangaben auf S. 86, ferner Mohr, Cod. dipl., 2 Nr. 36, 37, 74, 119, 209, Urkunde <strong>im</strong><br />
bischöflichen Archiv vom 23. April 1703 und 29. November 1420.<br />
652 z.B. Mohr, Cod. dipl., 2 Nr. 94, 119, 127, verschiedene Urkunden <strong>im</strong> bischöflichen Archiv.