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1910-Der Bischof von Chur als Grundherr im Mittelalter

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Nach dem Wormser Kapitular vom Jahre 829 193 dürfen Freie, die kein eigen<br />

Gut besitzen, sondern auf herrschaftlichem Boden sitzen, zwar <strong>im</strong> Gericht <strong>als</strong><br />

Eidshelfer fungieren, aber nicht über das Eigengut eines andern Freien Zeugnis<br />

ablegen. Freie dagegen, die noch Eigengut haben und auf Herrschaftsland<br />

wohnen, können auch in Prozessen um Eigengut Freier Zeugnis ablegen.<br />

Eine zunächst für Italien getroffene Best<strong>im</strong>mung aus dem Jahr 856 194 sagt aus,<br />

dass die auf fremdem Herrschaftsgut angesiedelten Freien <strong>von</strong> ihren Patronen<br />

vor Gericht gebracht werden sollen.<br />

Auch aus einer Gerichtsverhandlung aus dem Anfang des 10. Jahrhunderts 195<br />

geht hervor, dass Freie nur dann in den Gerichtsverband eines <strong>Grundherr</strong>n<br />

eintreten, wenn sie ausser dem <strong>von</strong> diesem geliehenen Leihegut kein freies<br />

Eigen besitzen. In diesem Fall hat eben der öffentliche Gerichtsbeamte kein<br />

Mittel, die zwingende Gewalt unmittelbar auszuüben, und wendet sich darum<br />

an den <strong>Grundherr</strong>n <strong>als</strong> Zwischeninstanz.<br />

Diesem Stand der Dinge <strong>im</strong> zehnten Jahrhundert entspricht es, wenn gegen<br />

Ende des neunten Jahrhunderts, wie aus der lex romana curiensis<br />

hervorzugehen scheint,<br />

S. 52: die grundherrliche Gerichtsbarkeit des <strong>Bischof</strong>s <strong>von</strong> <strong>Chur</strong> noch nicht sehr<br />

ausgebildet erscheint. Die freien Hintersassen konnten nämlich nach diesem<br />

Gesetzbuch 196 elektiv be<strong>im</strong> öffentlichen oder be<strong>im</strong> «Privatrichter» (hoc est<br />

privatus sc. judex qui actor ecclesiarum est) klagen. Diese verhältnismässig<br />

noch geringe Bedeutung der Hofgerichtsbarkeit spricht meines Erachtens neben<br />

andern Gründen auch dafür, dass die ungefähr gleichzeitig erlassenen capitula<br />

Remedii mit strafrechtlichem Charakter nicht ein Ausfluss der bischöflichen<br />

Immunitätsgerichtsbarkeit sind, sondern öffentlich-rechtliche Natur besitzen.<br />

Anderer Ansicht über den Charakter der capitula Remedii und über die<br />

Bedeutung der <strong>Chur</strong>er Immunität dieser Zeit sind begreiflicherweise besonders<br />

die Forscher, welche das Diplom Karls des Grossen 197 nur auf die geistlichen<br />

Befugnisse des <strong>Bischof</strong>s Constantius beziehen und <strong>als</strong>o die Ansicht, dass in den<br />

Händen dieses <strong>Bischof</strong>s geistliche und weltliche Gewalt noch vereinigt<br />

193 C 193, c 6, S. 19, Seeliger a. a. O. 75.<br />

194 C 215, c 4, S. 91, Seeliger a. a. O. 75.<br />

195 Wartmann 2 322, 333.<br />

196 Lex romana curiensis 2, 18 2, Planta a. a. O. 3-t7.<br />

197 Cod. dipl. 1 Nr. 10.

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