1910-Der Bischof von Chur als Grundherr im Mittelalter
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Muoth sieht in dem Vorhandensein freien Grundeigentums eine conditio sine<br />
qua non des freien Standes 526 und n<strong>im</strong>mt demgemäss <strong>als</strong> die einzigen<br />
Gemeinfreien die auf ihrem eigenen Boden sitzenden sogenannten freien<br />
Bauern an, die z.B. <strong>im</strong> Domleschg und in Mütinen vorkommen 527 .<br />
Indessen ist aber auch die neueste Forschung wieder zu dem Ergebnis gelangt,<br />
dass die «freien W<strong>als</strong>er», die ihre Güter in freier Erbleihe besitzen, <strong>als</strong> freie<br />
Leute zu betrachten seien 528 .<br />
Ausserdem möchten wir auch da, wo nicht die typischen Erbleiheverhältnisse<br />
der W<strong>als</strong>erkolonien vorliegen, das Vorhandensein persönlich freier Zinsbauern<br />
annehmen, d. h. auch solcher freier Bauern, die neben ihrem Zinsgut<br />
S. 138: kein Eigen besassen. Dass ja die Formen der Landleihe nicht auf unfreien Stand<br />
der Leihenempfänger hindeuten, - es lassen sich ebensowenig best<strong>im</strong>mte<br />
Klassen unfreier wie auch freier Leihegüter unterscheiden 529 - dass <strong>im</strong><br />
Gegenteil urkundlich manchmal die Veräusserung der Rechte des Leihemannes<br />
nur an Freie (weder an Edle noch Eigenleute) gestattet wird, die offenbar mit<br />
dem Eintritt in das Leiheverhältnis ihren freien Stand nicht verlieren, haben wir<br />
<strong>im</strong> dritten Kapitel gesehen 530 . Leider lässt es sich nicht beweisen) dass unter<br />
diesen freien Leihenempfängern auch solche waren, die daneben kein Eigen<br />
besessen. Aber gerade mit Rücksicht auf die geographischen Verhältnisse<br />
Rätiens darf man mit einigem Recht annehmen, dass - wenn schon <strong>im</strong> engern<br />
Wirtschaftsverband der Fronhöfe das Vorhandensein freier Bauern<br />
unwahrscheinlich ist - doch auf den weiter entfernten Zinsgütern, wie in der<br />
frühern Periode 531 , auch freie Bauern vorkamen, die zwar in einem gewissen<br />
dinglichen und gerichtlichen Abhängigkeitsverhältnis vom Leiheherrn waren,<br />
ihre persönliche Freiheit aber bewahrten. Wenn die früher freien Elemente des<br />
engern Herrschaftslandes (die sogen. homines advocaticii) später in der Regel<br />
unfrei wurden 532 , so erklärt sich dies daraus, dass sie schon früher <strong>als</strong><br />
Angehörige der engern Immunitäten in straffer persönlicher<br />
Gerichtsuntertänigkeit unter dem Gutsherrn gestanden, dagegen befanden sich.<br />
aber eben die freien Bauern des weitern Gutslandes schon früher bloss unter<br />
526 Muoth, Ämterbücher, 55.<br />
527 Muoth, Ämterbücher, 55 und 155.<br />
528 Branger, Rechtsgeschichte der freien W<strong>als</strong>er in der Ostschweiz.<br />
529 Siehe oben S. 125.<br />
530 Vergl. oben S. 123 f.<br />
531 Vergl. 1. Teil, 4. Kapitel.<br />
532 Schröder, Deutsche Rechtsgeschichte, 463.