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1910-Der Bischof von Chur als Grundherr im Mittelalter

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weiter zu beobachten, dass der Precarist überaus häufig «Eigen auf Lebenszeit»<br />

erhält. Daneben werden durch Precarien aber auch Erbzinsverhältnisse<br />

geschaffen. Als Preis des per precariam erhaltenen Gutes tritt nun manchmal<br />

Hingabe der Freiheit auf 176 .<br />

Diese ungemeine Vielfältigkeit der Precarienleihe bringt es mit sich, dass die<br />

Stellung des Precaristen zu der herrschaftlichen Gutswirtschaft eine ganz<br />

verschiedene sein kann. <strong>Der</strong> eine Precarist bleibt <strong>von</strong> derselben vollständig<br />

unabhängig, der andere n<strong>im</strong>mt teil an den Vorteilen der<br />

Wirtschaftsgemeinschaft und benutzt die Allmende, der eine bleibt frei, auch<br />

indem er landwirtschaftliche Dienste übern<strong>im</strong>mt (er kann dieselben einfach<br />

durch Knechte ausführen lassen), der andere sinkt mit der Zugehörigkeit zu<br />

dem engeren Gutsverbande in den Hörigenstand hinab. Soviel über die<br />

Precarienleihe.<br />

S. 44: Wir wollen uns nun vergegenwärtigen, welche Leihen noch <strong>im</strong> fränkischen<br />

Reiche gebräuchlich waren, und in das dabei gewonnene System die in Rätien<br />

ausser den Precarien vorkommenden Leiheformen einzuordnen suchen. Es<br />

scheint uns dieses Vorgehen um so zulässiger, <strong>als</strong> fast alles, was aus Rätien<br />

über Leihen uns bekannt ist, königliches Gut oder bischöfliches Gut, das früher<br />

königlich war, betrifft und hinsichtlich dieses Gutes sicher fränkisches<br />

Leiherecht gültig war.<br />

Als bekannte fränkische Leiheform ist einmal das Beneficium zu nennen. Das<br />

Beneficium zur Merowingerzeit kann dem Beliehenen an dem geliehenen Gut<br />

sehr verschiedene Rechte gewähren, aber <strong>im</strong>mer nur beschränkte<br />

Nutzungsrechte. Es schliesst <strong>als</strong>o die Precarie in sich, daneben aber noch<br />

Verleihungen, die ohne Bitturkunde vor sich gehen. So verleiht der König «sub<br />

usu beneficii», ohne eine Bitturkunde entgegenzunehmen. Auch die Kirche<br />

gewährte anfangs Leihen ohne Precarienbrief 177 .<br />

Im 9. Jahrhundert gehen dann die Benefizien und die Precarien begrifflich<br />

auseinander. Benefizien verpflichten den Beliehenen stets zu Zins, Dienst oder<br />

wenigstens Dienstbereitschaft 178 . Von ihnen unterscheidet sich auch das Eigen<br />

auf Lebenszeit. Das letztere gewährt dem Herrn ungestörten Besitz bis zum<br />

Tode und legt ihm keinerlei Verpflichtung auf. Bloss darf keine Verminderung<br />

176 Seeliger a. a. O. 49.<br />

177 Seeliger a. a. O. 29.<br />

178 Seeliger a. a. O. 32.

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