1910-Der Bischof von Chur als Grundherr im Mittelalter
1910-Der Bischof von Chur als Grundherr im Mittelalter
1910-Der Bischof von Chur als Grundherr im Mittelalter
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
- 50 -<br />
betrafen. Hinsichtlich der Externa mochte der Gerichtsstand Freier und Unfreier<br />
der gleiche sein, schwere Fälle behandelte unter Vermittlung der<br />
Immunitätsbeamten das öffentliche Gericht, leichte Fälle das herrschaftliche<br />
Gericht. Darin <strong>als</strong>o, dass bei auswärtigen Klagen in leichtern Fällen das<br />
herrschaftliche Gericht feste Instanz geworden, zeigte sich der Hauptfortschritt,<br />
den das herrschaftliche Gericht in seiner Entwicklung zur Selbständigkeit<br />
getan. Dieser Schritt geschieht aber etwa nicht gegen den Willen des Staates,<br />
sondern mit dessen Billigung, weshalb später der Vogt der Immunität<br />
gewöhnlich mit dem Königsbann belehnt wird. Nach der gegebenen<br />
Umgrenzung der sachlichen Kompetenz ist <strong>als</strong>o der Bedeutung des Diploms<br />
vom Jahr 831<br />
S. 57: nicht eine solche Tragweite beizumessen, wie es Planta 207 und Plattner 208 tun.<br />
Dass wir aber mit Recht die <strong>Chur</strong>er Immunität nach den Verhältnissen der<br />
übrigen Immunitäten <strong>im</strong> fränkischen Reich beurteilen und ihr keine<br />
Sonderstellung einräumen, geht daraus hervor, dass in der noch besonders zu<br />
besprechenden Bestätigungsurkunde Ottos III. 209 die Kompetenz des<br />
Immunitätsbeamten <strong>als</strong> eine solche charakterisiert wird, «sicut mos est in aliis,<br />
episcopiis nostri regni» und dass in gewissen Beziehungen diese Urkunde sogar<br />
weniger weit geht <strong>als</strong> andere königliche Immunitätsverleihungen 210 .<br />
Fragen wir nun nach der räumlichen Kompetenz der durch unsere Urkunde<br />
überwiesenen Immunitätsgerichtsbarkeit! Da der Immunität ein territoriales und<br />
ein persönliches Moment zugrunde liegt, können wir obige Frage<br />
differenzieren: Über welches Gebiet und über welche Personen erstreckte sich<br />
die Immunität?<br />
Zum Immunitätsgebiet soll alles Kirchenland, auch dasjenige, welches nach<br />
Erteilung des Immunitätsprivilegs hinzukommt, gehören. Also auch das<br />
Benefizialland. Nun denke man sich den Fall, dass Kirchengut an einen<br />
mächtigen Herrn <strong>als</strong> Beneficium vergabt worden. Solche Fälle werden uns zwar<br />
aus dieser Zeit aus Rätien nicht gemeldet und werden auch nicht leicht<br />
vorgekommen sein, weil in Rätien ausser dem <strong>Bischof</strong> und einigen Klöstern<br />
keine grossen <strong>Grundherr</strong>en vorkommen. Es ist aber der Fall denkbar, dass z.B.<br />
<strong>von</strong> den elsässischen Besitzungen des <strong>Bischof</strong>s Gut zu solchen Benefizien<br />
207 Planta a. a. O. 386.<br />
208 Plattner a. a. O. 17.<br />
209 Mohr, Cod. dipl., I Nr. 69.<br />
210 Siehe unten S. 60.