1910-Der Bischof von Chur als Grundherr im Mittelalter
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abgegeben ward. Dann hätte die bischöfliche Immunitätsgerichtsbarkeit<br />
hinsichtlich dieser Besitzungen sicher nur Fragen, welche die <strong>Grundherr</strong>schaft<br />
und Landleihe angingen, beschlagen. Im<br />
S. 58: übrigen aber wären die Hintersassen dieses Landes nicht dem<br />
Herrschaftsgericht des <strong>Bischof</strong>s sondern demjenigen des belehnten Herrn<br />
unterstanden. Dagegen befanden sich mit Benefizien beliehene kleine Leute<br />
unter der bischöflichen Immunität. So konnten die ausser dem engeren<br />
Gutsverband sitzenden Inhaber <strong>von</strong> Kirchengut bald zur Immunität des<br />
<strong>Bischof</strong>s gehören, bald auch nicht.<br />
Was dann die Frage anbelangt, wie weit die Immunität sich über abhängige<br />
Personen erstreckte, so ist <strong>als</strong> selbstverständlich anzunehmen, dass dieselben,<br />
solange sie sich <strong>im</strong> Gebiete der Immunität befanden, ihr unterstellt waren.<br />
Verliessen sie dagegen das Gebiet der Immunität, so ging, wie wir noch sehen<br />
werden, gewöhnlich der Herr, <strong>von</strong> dem sie persönlich abhängig waren, ganz<br />
oder teilweise der Gerichtsherrschaft verlustig, die er neben der Leibherrschaft<br />
früher über sie ausgeübt.<br />
Als Bestätigung der Urkunde vom Jahr 831 kann man das Diplom Lothars vom<br />
Jahr 843 211 ansehen, durch welches der Kaiser den <strong>Bischof</strong> Verendar und das<br />
Volk in Currätien in Schutz n<strong>im</strong>mt. Ihrem Sinne nach enthält diese Urkunde<br />
eine Bestätigung der bischöflichen Amtsgewalt 212 Verendars, worin die<br />
Immunität auch einbezogen sein mag. Ausdrücklich wiederholt wird die<br />
übliche Formel der Immunitätsverleihung nicht.<br />
S. 59: Eine weitere Bestätigung der Rechte des Hochstifts enthält dann auch ein<br />
Schutzbrief Ludwigs II. 213 . Durch König Konrad I. wurde sodann <strong>im</strong> Jahre<br />
912 214 dem <strong>Bischof</strong> Diotholf das Privilegium zugesichert, <strong>im</strong> Gerichtsverfahren<br />
das Inquisitionsrecht anzuwenden. Ursprünglich stand die Befugnis,<br />
Inquisitionszeugen amtlich zu laden und auszufragen, nur dem Königsgericht<br />
211 Mohr, Cod. dipl., I Nr. 26.<br />
212 Juwalt und Zeumer sehen in dem Schirmbrief Lothars eine Bestätigung des Schirmbriefs Karls des<br />
Grossen. Ersterer verbindet damit die Meinung, dass auch die Königsurkunde vom Jahr 843 auf eine<br />
Vereinigung der weltlichen und geistlichen Gewalt in der Hand des <strong>Bischof</strong>s deute. Zeumer aber hält<br />
dafür, dass schon die Urkunde Karls des Grossen nur auf die geistliche Gewalt des <strong>Bischof</strong>s sich<br />
bezogen habe. Über die Urkunde Karls des Grossen haben wir uns schon ausgesprochen. Hier sei nur<br />
noch bemerkt, dass <strong>im</strong> Vergleich zu dieser die neuere Urkunde so bedeutsame Abweichungen <strong>im</strong> Text<br />
zeigt, dass unsere Auffassung, es handle sich bloss um die geistliche Gewalt des <strong>Bischof</strong>s, <strong>als</strong> die<br />
gegebene erscheint.<br />
213 Vom Jahre 849. Cod. dipl. I Nr. 28.<br />
214 Cod. dipl. I Nr. 38.