1910-Der Bischof von Chur als Grundherr im Mittelalter
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<strong>Grundherr</strong>schaft und Gerichtsherrschaft waren um diese Zeit <strong>im</strong> fränkischen<br />
Reich bereits auseinander gegangen. Letztere wurde <strong>als</strong> solche für feste Bezirke<br />
in ihren verschiedensten Abstufungen unter der Bezeichnung<br />
«bannus»verliehen.<br />
Dem Diplom Ottos III. war zu entnehmen, dass <strong>im</strong> ganzen Immunitätsgebiet die<br />
gerichtliche Beurteilung <strong>von</strong> Fragen, die kirchliche Dienste, kirchliche Zinse<br />
und Kirchengüter betrafen, gleichmässig geordnet war, indem diese Fragen dem<br />
Immunitätsgericht unterstellt waren 566 . Die weitere Gerichtsbarkeit dieses<br />
Gerichtes aber war verschieden abgestuft. Am intensivsten wurde sie ausgeübt<br />
in den «emmunitates», d. h. in der nächsten Umgebung der<br />
S. 144: Kirche zu <strong>Chur</strong> und der grossen Fronhöfe, weniger intensiv auf dem weiteren<br />
Gutslande, wo sich die Kompetenzen des Immunitätsgerichtes auch bloss auf<br />
die obgenannten Fragen beschränken konnten. Ausserdem wurde, wie wir<br />
gesehen haben, vom herrschaftlichen Gericht verschiedenes Recht gegen Freie<br />
und Unfreie geübt - und in verschiedenem Masse. Das sogenannte Hofrecht<br />
(das auf den herrschaftlichen Höfen zur Anwendung kommende Recht) war<br />
deshalb bloss ein einheitliches Recht, soweit es Leiheverhältnisse betraf, konnte<br />
aber daneben verschiedene Standesrechte in sich schliessen, je nachdem Leute<br />
verschiedenen Standes auf dem Gutsland sassen oder nicht.<br />
Die Immunitätsgerichtbarkeit wurde <strong>von</strong> einem Vogt, dem Vorgänger des<br />
spätem Vizdum, ausgeübt.<br />
Nun wollen wir uns nach der allmählichen Erweiterung der bischöflichen<br />
Gerichtsherrschaft in den verschiedenen T<strong>als</strong>chaften umsehen und dabei wieder<br />
mit dem Gebiet der ehemaligen Cent <strong>Chur</strong> beginnen 567 .<br />
Dort unterstanden zufolge der genannten Immunitätsdiplome der bischöflichen<br />
Immunitätsgerichtsbarkeit einmal des <strong>Bischof</strong>s Besitzungen in <strong>Chur</strong> und der<br />
Hof Zizers mit Igis. In diesen letztem Orten erlangte vermutlich der <strong>Bischof</strong><br />
eine Gerichtsherrschaft <strong>im</strong> geschlossenen Bannkreis, <strong>als</strong>o ziemlich volle<br />
Gerichtsbarkeit über die Unfreien 568 und die sogenannte niedere Vogtei über<br />
Freie in dem best<strong>im</strong>mten Bannbezirk, mochten nun die Freien auf Eigen oder<br />
auf bischöflichem Boden sitzen. Loser musste dagegen die<br />
Gerichtsuntertänigkeit der ausser diesem Bannkreis sitzenden Leiheleute<br />
566 Mohr, Cod. dipl., I, Nr. 69.<br />
567 Vergl. S. 102.<br />
568 Ausgenommen waren wahrscheinlich bloss schwere Externa.