1910-Der Bischof von Chur als Grundherr im Mittelalter
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angegliedert 114 . <strong>Der</strong> Übersichtlichkeit halber können wir hier noch bemerken,<br />
dass nach der kirchlichen Einteilung der Diözese 115 4), die sich übrigens<br />
S. 25: an die currätische Einteilung in Ministerien anlehnt, dem <strong>Bischof</strong> <strong>von</strong> <strong>Chur</strong> in<br />
kirchlicher Beziehung ausser den zu den beiden rätischen Grafschaften<br />
gehörigen Gebieten <strong>von</strong> alters her noch das Unterengadin und der Vinstgau<br />
unterstanden. In der aus dem XV. Jahrhundert stammenden kirchlichen<br />
Einteilung tritt dann auch noch das Misox <strong>als</strong> Kapitel auf 116 .<br />
Im neugeformten Gau kommt nun diesen alten Bezirken eine doppelte<br />
Bedeutung zu. Einmal bilden sie bischöfliche Verwaltungsbezirke (für diese<br />
Zeit steht es fest, dass der Schultheiss ein bischöflicher Beamter war) 117 . Dann<br />
aber bilden sie sehr wahrscheinlich auch die Grundlage für die neue<br />
Centeinteilung. Wenigstens trifft dies für die <strong>Chur</strong>er Cent zu 118 . Es hätten <strong>als</strong>o<br />
normalerweise in einem solchen Bezirk nebeneinander der Centenar und der<br />
Schultheiss geamtet, ersterer <strong>als</strong> öffentlicher Richter, letzterer <strong>als</strong> Verwalter der<br />
bischöflichen Besitzungen. Praktisch dürfte sich diese Einrichtung allerdings so<br />
gestaltet haben, dass in Ministerien, wo der bischöfliche Besitz nur geringfügig<br />
S. 26: war, keine Schultheissen eingesetzt waren. Denn <strong>im</strong> Anfangsstadium der neuen<br />
Entwicklung, welche die bischöfliche <strong>Grundherr</strong>schaft durchmachte, muss man<br />
sich letztere <strong>als</strong> einen Streubesitz vorstellen, der an manchen Orten kompaktere<br />
Bildungen aufwies, an andern aber keineswegs <strong>von</strong> grosser Bedeutung war. Am<br />
ansehnlichsten mussten naturgemäss die bischöflichen Besitzungen am Sitz des<br />
<strong>Bischof</strong>s sein, in der Civitas <strong>Chur</strong>. Für Mainz z.B. ist dies nachgewiesen 119 .<br />
Nun sei gleich hier bemerkt, dass, wenn zu dieser Zeit <strong>von</strong> <strong>Chur</strong> die Rede ist,<br />
man gewöhnlich nicht darunter die spätere Stadt verstehen darf, sondern die<br />
Cent. Dies wird römischem Einfluss zuzuschreiben sein. Den Römern war<br />
114 Planta, a. a. O. 425.<br />
115 Eine bei Kaiser (Geschichte des Fürstentums Lichtenstein), ohne Quellenangabe angeführte<br />
Diözeseneinteilung, die auch Ströbele nachgedruckt hat, nennt für die Zeit <strong>von</strong> 1137 bis 1328: 1.<br />
Kapitel ob dem Wald oder das Gebiet des Oberrheint<strong>als</strong> mit Disentis, mit 20 Pfarrkirchen. 2. Das<br />
Kapitel ob dem <strong>Chur</strong>wald oder Gegend südöstlich <strong>von</strong> <strong>Chur</strong>, mit 17 Pfarrkirchen. 3. Landkapitel<br />
<strong>Chur</strong>, d. h. Gegend um die Stadt herum mit den Klöstern St. Luzius und <strong>Chur</strong>walden. 4. Kapitel<br />
Drusustal oder Wallgau, d. h. Rheintal und Vorarlberg, mit 17 Pfarrkirchen. 5. Dekanat unter der<br />
Landquart oder Gegend <strong>von</strong> Maienfeld, Sargans, Gasterland und Wallensee, mit den Klöstern Pfäfers<br />
und Schännis und 26 Pfarrkirchen. 6. Dekanat Engadin <strong>im</strong> obern Inntal, mit 11 Pfarrkirchen. 7.<br />
Vinstgau mit Tirol und den Klöstern Marienberg und Münster und 20 Pfarrkirchen.<br />
In einem Manuskript <strong>von</strong> Tschudi aus dem Jahr 1486 (Eichhorn, Einleitung, 25) ist <strong>als</strong> 8. Kapitel<br />
noch Misaucina (Misox) genannt.<br />
116 Siehe S. 24, Anm. 4.<br />
117 Planta a. a. O. 360 ff.<br />
118 Planta a. a. O. 429.<br />
119 Rietschel, Die Civitas auf deutschem Boden, 83.