Gutachten in Deutsch - Bayerischen Finanz Zentrum
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Zudem treten extreme Kurse<strong>in</strong>brüche wesentlich häufiger auf, als dies bei e<strong>in</strong>er Normalverteilung<br />
der Fall wäre (Problem der fat tails). 111 Noch schwieriger dürfte sich die Schätzung der<br />
erwarteten Rendite der Assets des Unternehmens und deren Standardabweichung gestalten.<br />
Schaut man <strong>in</strong> die Praxis der Pensionsfonds, <strong>in</strong>sbesondere der angelsächsischen Welt, legen<br />
die aktuellen Probleme nahe, dass vielfach e<strong>in</strong>e Anlagepolitik gewählt wurde, die eher dem<br />
riskanten Risiko-Renditeprofil des Pensionsfonds III entspricht. 112 Für diesen entstehen <strong>in</strong><br />
allen Szenarien drastisch erhöhte Insolvenzwahrsche<strong>in</strong>lichkeiten, sowohl im Vergleich zu<br />
Unternehmen mit Pensionsrückstellungen als auch zu den Trägern von Pensionsfonds I und II.<br />
Im Basisszenario steigt die Insolvenzgefahr durch den Pensionsfonds III um ca. 90 % gegenüber<br />
der PPR, im Fall B um ca. 63 % und im Fall C um ca. 100 %.<br />
Im Ausgangsszenario der Simulationen (t=0) s<strong>in</strong>d alle Unternehmen h<strong>in</strong>sichtlich ihres Investitionsprogramms<br />
und ihrer Kapitalstruktur identisch. Alle Pensionsfonds s<strong>in</strong>d zu 100 %<br />
gedeckt. Ordnet man Pensionsrückstellungen risikoanalytisch im Vergleich mit der Population<br />
Pensionsfonds vollständig dem Fremdkapital zu, erhalten alle Unternehmen das gleiche<br />
Rat<strong>in</strong>g, obwohl sie tatsächlich e<strong>in</strong>em systematisch unterschiedlichen Insolvenzrisiko unterliegen.<br />
E<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>beziehung von Über- bzw. Unterdeckungen <strong>in</strong> den Rat<strong>in</strong>gprozess ex post ersche<strong>in</strong>t<br />
zu kurz gegriffen, da sie nicht die Risikodimension e<strong>in</strong>er Anlage von Deckungsmitteln<br />
am Kapitalmarkt vorausschauend erfassen. 113 Geht man von realistischen Rendite-<br />
/Risikoprofilen der Pensionsfonds aus, wie sie sich <strong>in</strong>sbesondere <strong>in</strong> den USA und UK e<strong>in</strong>gestellt<br />
haben, entstehen für die Trägerunternehmen erhebliche Kapitalanlagerisiken. Die<br />
Insolvenzgefahr steigt an. <strong>Deutsch</strong>e Unternehmen h<strong>in</strong>gegen, die Pensionsrückstellungen<br />
bilden, werden dann <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em solchen Rat<strong>in</strong>gprozess systematisch benachteiligt.<br />
111 Die Normalverteilung ist dennoch <strong>in</strong> der Kapitalmarkttheorie und <strong>in</strong> der empirischen Kapitalmarktforschung<br />
e<strong>in</strong>e übliche Annahme, die „elegante“ formale Modelldarstellung erlaubt, statistische Auswertungen<br />
erleichtert und oft e<strong>in</strong>e gute Approximation beobachteter Renditeentwicklungen ist.<br />
112 Standard & Poor’s geht davon aus, dass vielfach wesentlich weniger riskante Anlagestrategien verfolgt<br />
würden, wenn die Volatilität der Anlagemittel z.B. durch e<strong>in</strong>e Veränderung der Rechnungslegungsstandards<br />
stärker Berücksichtigung f<strong>in</strong>den würde. Vgl. Standard & Poor’s (2003b), S. 5.<br />
113 Es liegen ke<strong>in</strong>e H<strong>in</strong>weise vor, dass Standard & Poors die Asset Allokation von Pensionsfonds mit e<strong>in</strong>em<br />
expliziten Bewertungsverfahren <strong>in</strong> den Rat<strong>in</strong>gprozess e<strong>in</strong>bezieht. Standard & Poors selbst empfiehlt jedoch,<br />
dass die Asset Allokation von Pensionsfonds nicht nur auf freiwilliger Basis veröffentlicht werden sollte, da<br />
dies e<strong>in</strong> Ausgangspunkt se<strong>in</strong> könnte, Pensionsfonds zu identifizieren, die besonders hohen Anlagerisiken<br />
unterliegen. Vgl. Standard & Poors (2003b), S. 5. Damit ist nicht ausgeschlossen, dass im E<strong>in</strong>zelfall <strong>in</strong> der<br />
Vergangenheit das Anlagerisiko zum<strong>in</strong>dest als qualitatives Rat<strong>in</strong>gkriterium e<strong>in</strong>e Rolle spielte.