Gutachten in Deutsch - Bayerischen Finanz Zentrum

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Bei einer „naiven“ Kennzahlenberechnung anhand der ausgewiesenen Bilanzdaten verfügen
beide Unternehmen über die gleiche Fremdkapitalquote (FKQ): 61
FKQ R1, brutto = (50 + 20) / 100 = 0,70
FKQ F1, netto = 70 / 100 = 0,70
Geht man weiterhin davon aus, dass beide Unternehmen ein Ergebnis vor Zinsen und Steuern
(EBIT) von 10 GE erwirtschaftet haben und der Kalkulationszinsfuß für die Pensionszusagen
von 6% dem Fremdkapitalzins entspricht, sind auch die Zinsdeckungsgrade (ZDG) beider
Unternehmen identisch: 62
ZDG R1, brutto = 10 / [(50 + 20) x 0,06] = 2,38
ZDG F1, netto = 10 / (70 x 0,06) =2,38
Aufgrund der übereinstimmenden Kennzahlenwerte könnte von einem identischen Insolvenzrisiko
der beiden Unternehmen ausgegangen werden. Das Gegenteil kann jedoch leicht
nachgewiesen werden: Hierzu sei angenommen, aus dem von beiden Unternehmen und dem
Pensionsfonds realisierten Investitionsprogramm resultiere ein Verlust von 28 % auf das
eingesetzte Kapital. Unternehmen R1 erleidet in diesem Fall einen Verlust von (100 x 0,28 =)
28 GE, wodurch das Eigenkapital auf 2 GE sinkt; ein Überschuldungskonkurs wird also
knapp vermieden. Unternehmen F1 erleidet ebenfalls einen Verlust von 28 GE aus den
eigenen Investitionen. Zusätzlich tritt aber beim Pensionsfonds eine Unterdeckung von (20 x
0,28 =) 5,6 GE auf. Soweit Unternehmen F1 hierfür sofort eine bilanziell zu erfassende
Rückstellung bilden muss, ist das Eigenkapital aufgezehrt und das Unternehmen muss Konkurs
anmelden.
4.2.4.2 Lösungsansätze im Überblick
Die „naiv“ berechneten Kennzahlenwerte können im Zahlenbeispiel offensichtlich nicht als
Indikator für die Insolvenzwahrscheinlichkeit dienen. Für einen zutreffenden Unternehmensvergleich
sind also Anpassungen vorzunehmen, so dass der tatsächlich existierende Unter-
61 Zur Definition der Fremdkapitalquote vgl. 3.1.4.
62 Zur Definition des Zinsdeckungsgrads vgl. 3.1.4.