Jugendkultur Guide (pdf)
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JUGENDLICHE SUBKULTUREN<br />
oder „Wenn du hier rechte Parolen suchst, dann geh’ wieder dorthin, wo du hergekommen<br />
bist – das ist eine unpolitische Seite“. Bei jenen Skinheads, die aus dem Kern<br />
der Oi-Szene kommen, ist diese Abgrenzung gegenüber rechts wie auch allgemein gegenüber<br />
politischen Ideologien wohl auch ernst gemeint. Aber natürlich gibt es ebenso<br />
„Tarnkappen-Ois“, die ein Pop-Up mit „Achtung, das ist eine unpolitische Seite“ alibihalber<br />
programmieren. Wenn man sich dann die Gästebucheinträge oder die gelinkten<br />
Seiten näher ansieht, bemerkt man allerdings sehr schnell, dass es ihnen mit<br />
einer Abgrenzung gegenüber rechts nicht immer so ernst ist, wie die Startseite vermuten<br />
lässt.<br />
Die Menschen, die hinter diesen Internetseiten stehen, sind nicht hundert Prozent<br />
„Oi“ im Geiste des Jahres 1969. Sie sind aber auch nicht hundert Prozent politisch<br />
rechts. Sie sind Skinheads, die von rechter Gewalt nicht allzu viel halten, und sie sind<br />
vor allem auch Skins, die nicht bereit sind, sich für die „politische Rechte“ zu engagieren.<br />
Dennoch sprechen sie den vielfältigen Rassismen des Alltags zu und kokettieren<br />
mit tabubrecherischen Zitaten und Symbolen. Die Linie zu „rechts“ verläuft hier<br />
ebenso fließend wie zu „Oi“. Und wenn die Anziehung von rechts zunimmt, wird Oi<br />
für sie zur perfekten Tarnung.<br />
Aber nicht nur die Oi-Szene bietet eine Tarnkappe. Als Tarnung für diffus rechte<br />
Weltbilder eignet sich neuerdings auch die Techno-Szene – und zwar frei nach dem<br />
Motto: „Wenn man harten Hammer-Techno hört, fällt man weit weniger negativ auf,<br />
als wenn man Rechtsrock hört.“ Mehr und mehr entwickelt sich die Techno-Szene zu<br />
einer Anlaufstelle für systemverdrossene, latent rechte Jugendliche. Wie aktuelle Studien<br />
zeigen, denken erstaunlich viele Techno-Kids in alten rechten Feindbildkategorien.<br />
Sie möchten etwa „Zigeuner“, Juden oder Zuwanderer zu einem viel höheren<br />
Prozentsatz als alle anderen Jugendlichen nicht zum Nachbarn haben. Sie vertreten<br />
die Ansicht, dass „Ausländer“ den „Inländern“ nicht die Arbeitsplätze wegnehmen<br />
sollten. Zwei von drei Techno-Heads meinen sogar, dass man, immer dann wenn die<br />
Arbeitsplätze knapp werden, „die Ausländer wieder in die Heimat zurückschicken“<br />
sollte. Und auch die Ideologie der „Rassentrennung“ ist – wenn auch nicht als elaboriertes<br />
politisches Konzept – in der Mainstream-Techno-Szene erstaunlich stark präsent.