Jugendkultur Guide (pdf)
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JUGENDKULTUR<br />
Wer rein will, kann rein<br />
Um in eine Szene einzusteigen, um Mitglied zu werden, braucht man keine Beziehungen,<br />
auch nicht reiche Eltern und schon gar nicht eine Member-Card. Die Jugendszenen<br />
stehen allen offen, die sich für das jeweilige Szenethema interessieren. Ehrliches und<br />
engagiertes Interesse – das ist der einzige Zugangscode. Wenn man erst einmal in eine<br />
Szene eingestiegen ist, bekommt man automatisch mit, worum es in der Szene geht. Man<br />
lernt den eigenwilligen „Fachjargon“, in dem sich die Mitglieder der Szene untereinander<br />
verständigen. Man lernt, welche Marken in der Szene angesagt sind und welche man<br />
niemals tragen sollte, weil sie als peinlich gelten. Man ist immer am Letztstand, was die<br />
neuen Szene-Trends betrifft etc. Im Stile des „Learning by doing“ arbeiten sich die Jugendlichen<br />
in der Szene vor. Und wenn sie vom Szeneleben genug haben, steigen sie<br />
einfach wieder aus. Der Ausstieg aus der Szene gestaltet sich ebenso einfach wie der<br />
Einstieg. Wenn es einem bei den Skatern nicht mehr gefällt, surft man einfach rüber in<br />
eine andere Szene. Niemand wird einen daran hindern. Niemand droht einem mit<br />
Sanktionen. Als goldene Regel gilt: Jeder kann bleiben, solange er will und solange das<br />
Szeneleben zu seinem ganz persönlichen Lebensgefühl passt. Und wenn er sich weiterentwickelt<br />
und nach etwas Neuem sucht, das besser zu seinem veränderten „Ich“<br />
passt, kann er einfach gehen und niemand ist böse.<br />
Die Jugendlichen, die sich zu einer bestimmten Szene bekennen, bilden eine eingeschworene<br />
Gemeinschaft. Sie gehören zusammen – und zwar völlig unabhängig<br />
davon, ob sie sich persönlich kennen oder ob sie tausende Kilometer entfernt leben.<br />
Sie gehören zusammen, weil sie einer gemeinsamen Idee folgen und weil sie Interessen,<br />
Einstellungen und ganz bestimmte, für die jeweilige Szene typische Ausdrucksmittel<br />
miteinander teilen. Das Wir-Gefühl, das die Szenen zusammenhält und ihnen ihre unvergleichliche<br />
Qualität verleiht, lässt gemeinsame Standes- oder Lebenslageninteressen<br />
weitgehend außer Acht. Das Bildungsniveau und die soziale Herkunft derer, die in<br />
die Szenen einsteigen (wollen), spielen für die, die schon drinnen sind, keine herausragende<br />
Rolle. Anders gesagt: Sie sind kein vorrangiger Ausschließungsgrund. Und genau<br />
das macht die Szenen für die Jugendlichen (aber auch für demokratisch denkende Sozialforscher)<br />
so ungemein attraktiv.