Jugendkultur Guide (pdf)
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JUGENDLICHE SUBKULTUREN<br />
Gothics kokettieren mit düsteren Gefühlslagen. Sie interessieren sich für die dunklen<br />
Seiten des Lebens – die Abgründe, die sich Gefühlsmenschen auftun, und das Okkulte.<br />
Sie lieben düstere Texte und Lieder. Sie haben ganz offensichtlich ein Faible für pessimistische<br />
Inhalte. Sie selbst sind aber meist weit weniger pessimistisch als die Texte,<br />
die sie lesen, und die Lieder, die sie hören. Das Leiden, die Melancholie, die bittersüßen<br />
Gefühle, mit denen sie ihr Innerstes nach Außen kehren, ist bei ihnen zum Teil<br />
Inszenierung. Sie machen auf „hypersensibel“, das gehört zur Show.<br />
Viele Texte, Lieder und Gedanken der Gothics kreisen um den Tod. Und dennoch<br />
sind Gothics keine Selbstmordkandidaten, sie glauben nicht, dass der Tod die Lösung<br />
wäre. Sie kommen mit „gruftigen“ Stimmungsschwankungen und trauriger Gefühlsintensität<br />
meist recht gut zurande und ihre Beziehung zum Tod ist viel entspannter als<br />
man vermuten würde. Für sie gilt: „Das Leben ist ein Witz, wenn man’s mal richtig<br />
sieht, und die Pointe dabei ist am Schluss der Tod.“<br />
Gothics sind nicht stärker selbstmordgefährdet als andere Jugendliche. Und sie sind<br />
auch keine Leichenschänder – auch wenn man ihnen das oft nachsagt. Lenas Freund<br />
etwa ist neuerdings stolzer Besitzer eines Leichenwagens, den er günstig beim Gebrauchtwarenhändler<br />
ergattert hat und mit dem er nun richtig „gruftig“ durch die<br />
Welt fährt. Die Umwelt reagiert – um es vorsichtig zu sagen – ein wenig irritiert. Doch<br />
der „Schwarze“ mit seinem Leichenwagen ist völlig unbedenklich. Er ist kein Nekrophiler,<br />
wie manche munkeln, sondern ein netter, wenn auch etwas überdrehter, spleeniger Typ.<br />
Ein „Schwarzer“ über Lebenspessimismus und Todessehnsucht<br />
„Wenn ich so pessimistisch wäre, wie die Texte in der Musik, die ich höre, müsste<br />
ich mich ja umbringen.“<br />
Flucht in die Welt des Ästhetischen<br />
Gothics haben immer irgendwie das Gefühl, nicht in die Welt hineinzupassen, in der<br />
sie leben. Sie wollen und können nicht Teil der Mehrheitsgesellschaft sein. Sie fühlen<br />
sich als Außenseiter. Das ist für sie allerdings nicht negativ. Sie sehen es als etwas Positives.<br />
Und sie tragen das Gefühl des Außenseiterdaseins in ihrem Erscheinungsbild<br />
auch demonstrativ nach außen.