Jugendkultur Guide (pdf)
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JUGENDLICHE SUBKULTUREN<br />
Wie passt das alles zusammen? Warum gibt es da keine Abgrenzung? Warum distanzieren<br />
sich die Romantiker nicht von Sado-Maso? Warum stehen satanistische Slogans<br />
einfach kontextlos im Raum? Warum distanziert sich die Szene nicht von „rechts“?<br />
Abgrenzung bleibt aus – und zwar in jederlei Richtung. Auch die, die das Böse beschwören,<br />
grenzen sich gegenüber den romantisch-verträumten Melancholikern nicht<br />
ab. Dieses Prinzip der Nichtabgrenzung macht die Szene ziemlich verwirrend und verstellt<br />
die Sicht darauf, dass die allermeisten Gothics ganz harmlose Realitätsflüchtlinge sind.<br />
Gothics sind großteils selbstversponnene Ästheten. Scheinbar schwerelos kreisen<br />
sie um die Phantasy-Welt, die sie sich in ihren Köpfen erschaffen haben. Sie sind nicht<br />
offensiv aufmüpfig. Sie rebellieren nicht gegen die soziale Wirklichkeit. Sie wollen in<br />
Ruhe gelassen werden. Sie steigen in ihre Szene ein und fliehen damit vor der gesellschaftlichen<br />
Realität.Aggressionen haben in ihrer Welt wenig Platz. Gothics sind friedliebend,<br />
introvertiert und sie interessieren sich nicht für Politik. Da die Aussichten, in<br />
der Welt etwas zu verändern, nicht allzu groß sind, haben sie beschlossen, das, was in<br />
der Außenwelt vorgeht, bestmöglichst zu ignorieren. Sie wollen ihr eigenes Leben<br />
leben. Etwas anderes interessiert sie nicht.<br />
Motto der österreichischen Gothic-Band „Floodland”<br />
„Come freely. Go safely. And leave something of the sadness you bring.”<br />
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Ausstieg aus dem gestressten, hektischen und viel zu nüchternen Hier und Jetzt – das<br />
ist ihr Zugang zur Welt. So ziemlich alles steht bei ihnen im Zeichen dieser Realitätsflucht:<br />
angefangen bei der Kleidung bis zum Schriftbild der Szene-Medien. Die „gotische<br />
Schrift“ ist in der Szene natürlich Kult. Sonst tendieren die<br />
Gothics zu verspielten und verschnörkelten Serifen- und Kursivschriften,<br />
die heute kaum mehr verwendet werden und bei Jugendlichen<br />
aus anderen Jugendszenen als „ziemlich peinlich“ gelten.<br />
Gothics sind verträumt, „verkopft“ und sie faszinieren sich<br />
gern am Imaginären. Für sie gilt: „Wirklich reich ist nur, wer mehr<br />
Träume in seiner Seele hat, als die Realität zerstören kann.“ Sie lassen<br />
sich auf den Wogen der Ästhetik und des Gefühls treiben,<br />
sie lesen Bücher über Magie und Okkultismus und beschäf-