01.12.2012 Aufrufe

Texte im und zum Berliner Dialekt - EuropeanaLocal-Deutschland

Texte im und zum Berliner Dialekt - EuropeanaLocal-Deutschland

Texte im und zum Berliner Dialekt - EuropeanaLocal-Deutschland

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Noch Niemand hat daran gedacht, wissenschaftliche oder andere ernste<br />

Dinge Berlinisch auszudrücken. Die ernste Prosa <strong>und</strong> die ernste Poesie<br />

sind der Berlinischen Voltssprache ebenso wie etwa dem Reuterschen<br />

Messingsch vollständig verschlossen.<br />

Noch verhängnisvoller war die Folge, die der große Beifall der<br />

humoristischen Volkslitteratur gehabt hat, daß eine große Anzahl von<br />

Litteraten den <strong>Dialekt</strong> benutzt haben, die als Ausländer oder Nichtberliner<br />

seiner gar nicht mächtig waren.<br />

Von dem Vorurthelle ausgehend, als hätte die <strong>Berliner</strong> Volkssprache<br />

keine Regeln <strong>und</strong> wäre nur eine Summe von Fehlern, glaubte<br />

man schon <strong>im</strong> <strong>Berliner</strong> <strong>Dialekt</strong>e zu schreiben, wenn man statt G den<br />

BuchstabenIsetzte <strong>und</strong> sich erlaubte, allerlei Sprachwidrigkeiten zu<br />

häufen, namentlich Fremdwörter <strong>und</strong> wissenschaftliche Ausdrücke zu<br />

verdrehen, bekannte Witze <strong>und</strong> Redensarten zu untermischen, die Präpositionen<br />

mit falschem Kasus zu verbinden, kurz lauter Willkür<br />

zusammenzubringen, in dem Glauben, daß es keinen Kritiker für die<br />

Form gäbe.<br />

Anstatt die Sprache der Hauptstadt <strong>Deutschland</strong>s genauer zu erforschen,<br />

die Meister der Volkslitteratur zu studiren, das Volk zu<br />

belauschen, haben Viele sich begnügt, das Unterscheidende des <strong>Berliner</strong><br />

<strong>Dialekt</strong>s als fehlerhafte Angewöhnungen anzusehen, während es wirklich<br />

das Ergebniß der Geschichte Berlins ist, was wir als Volkssprache behandeln;<br />

als einen <strong>Dialekt</strong> mit festem Unterbau <strong>und</strong> ebenso sicher<br />

begrenzten Ausnahmen, so daß der echte <strong>Berliner</strong> von einem <strong>im</strong>itirteu<br />

vom Kenner leicht zu unterscheiden ist.<br />

Die Berlinische Sprache ist vor allen Dingen da am Platze <strong>und</strong><br />

wird in ihrem Rechte anerkannt, wo der Volkshumor in ihrem Gewände<br />

seine Funken sprühen läßt. Man hört sie aber auch da gern, wo in<br />

fremden Welttheilen ein <strong>Berliner</strong> Kind he<strong>im</strong>atliche Klänge der Vaterstadt<br />

<strong>und</strong> damit einen Landsmann erkennt, mit dem er Erinnerungen<br />

der He<strong>im</strong>ath theilt."<br />

Ich schließe diese einleitenden Worte mit dem Ausdruck der Hoff-<br />

nung, diese Arbeit, den <strong>Berliner</strong> Wortschatz zu sammeln, möge <strong>im</strong>merhin<br />

darauf zu rechnen haben, daß Bücherfre<strong>und</strong>e sie schätzen, Bibliotheken<br />

sie aufnehmen, Sprachforscher sie als eine F<strong>und</strong>grube betrachten, Hof<br />

<strong>und</strong> Adel sie willkommen heißen, Fremde sie studieren <strong>und</strong> <strong>Berliner</strong> Kinder<br />

in der Fremde sie als eine Quelle der Aufheiterung benutzen werden.<br />

72

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!