Ergebnisbericht 2010/11 - Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung
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108 WISSENSCHAFTLICHER ERGEBNISBERICHT | Infektion und Immunität | Pharmazeutische Forschung<br />
05 Pharmazeutische Forschung<br />
THEMENSPRECHER | Prof. Dr. Rolf Müller | Arbeitsgruppe Mikrobielle Wirkstoffe | rom@helmholtz-hzi.de |<br />
<strong>Helmholtz</strong>-Institut <strong>für</strong> Pharmazeutische Forschung Saarland (HIPS) | Abteilung <strong>für</strong> Mikrobielle Naturstoffe<br />
Infektionskrankheiten sind eine der häufi gsten Todesursachen weltweit und oft Ursache <strong>für</strong> Krankenhausaufenthalte. Die vielfältigen<br />
Faktoren, die bei einer Infektion eine Rolle spielen, verlangen eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit in der Antiinfektiva<br />
Forschung. Nur so können Hits aus der Wirkstoffentwicklung zu Arzneistoffen in der klinischen Anwendung weiterentwickelt und<br />
der steigenden antibiotischen Resistenz der Erreger etwas entgegengesetzt werden. Entscheidend <strong>für</strong> das Aufklären von Infektionsprozessen<br />
ist das Isolieren, Identifi zieren und Optimieren von molekularen Verbindungen, die mit Infektionsprozessen wechselwirken<br />
sowie die Modellierung dieser Wechselwirkungen. Die Kenntnis des Transport- und des Wirkstoff-Target-Wechselwirkungsmechanismus<br />
ist Voraussetzung <strong>für</strong> die Optimierung des Wirkstoffs bei gleichzeitiger Verringerung der Nebenwirkungen. Die<br />
meisten kommerziellen Antiinfektiva sind von Naturstoffen oder deren Derivaten abgeleitet, die deren Pharmakophore nachahmen.<br />
Der Schwerpunkt „Pharmazeutische Forschung“ widmet sich diesen Substanzklassen mit modernen chemisch-biologischen<br />
Ansätzen, um neuartige Klassen nachhaltiger Antiinfektiva <strong>für</strong> die Wirkstoff-Entwicklungspipeline bereit zu stellen.<br />
Der Forschungsschwerpunkt wurde nach der Gründung des „<strong>Helmholtz</strong>-Instituts <strong>für</strong> Pharmazeutische Forschung Saarland“ (HIPS)<br />
im Spätsommer 2009 neu konstituiert. Ein Ziel des HIPS ist es, durch Vertiefung der bestehenden Kooperation des HZI mit der<br />
Fachrichtung Pharmazie der Universität des Saarlandes (UdS) neue Wirkstoffe gegen Infektionskrankheiten schneller zu entwickeln.<br />
Das HIPS ergänzt dabei das Gesundheitsprogramm der <strong>Helmholtz</strong>-Gemeinschaft um die pharmazeutischen Wissenschaften und<br />
schließt die Lücke der Naturstoff-basierten Antiinfektiva Forschung in der Translationsforschung. Der Forschungsschwerpunkt<br />
setzt sich aus sieben Gruppen zusammen, die sowohl am Braunschweiger (HZI) als auch am Saarbrücker (HIPS) Standort angesiedelt<br />
sind. Die drei Abteilungen am HIPS „Mikrobielle Naturstoffe“ (MINS), „Wirkstoff-Entwicklung und -Optimierung“ (DDOP) sowie<br />
„Wirkstoff-Transport“ (DDEL) bringen nun ihre jeweilige pharmazeutische Expertise in die <strong>Infektionsforschung</strong> ein. Während MINS<br />
traditionell eine enge Kooperation mit der Forschergruppe „Mikrobielle Wirkstoffe“ (MWIS) am HZI unterhält, haben DDOP und<br />
DDEL in <strong>2010</strong> mit Gruppen am HZI Kooperationen aufgebaut, die bereits zur Einwerbung von Drittmitteln und zum Austausch von<br />
Wissenschaftlern geführt haben. Die HIPS-Abteilungen werden an anderer Stelle dieses Berichtes präsentiert.<br />
Die Forschergruppen „Chemische Biologie“ (CBIO), „Medizinische Chemie“ (MCH) und „Biologische Systemanalyse“ (BISA) wurden<br />
in den Schwerpunkt „Pharmazeutische Forschung“ integriert, da sie in stark überlappenden Bereichen arbeiten: CBIO entwickelt<br />
verschiedene chemisch-biologische Ansätze, um die Aktivität und den Wirkmechanismus von Naturstoffen aufzuklären. MCH nutzt<br />
medizinisch-chemische und synthetische Zugänge, um Naturstoffe als Leitstrukturen zu optimieren und diese in signifi kanten Mengen<br />
zur Verfügung zu stellen. BISA arbeitet an der Identifi zierung antifungaler Stoffe, um deren Wirkmechanismen zu entziffern.<br />
Die Abteilung „Chemische Biologie“ (CBIO) konzentriert sich auf die Aufklärung molekularer Mechanismen von Infektionskrankheiten<br />
durch niedermolekulare Wirkstoffe. Die Gruppe entwickelt neue, miniaturisierte und betreibt existierende Aktivitätsassays, um den<br />
Wirkmechanismus von Hits aus Wirkstoffbibliotheken zu bestimmen. Etwa 90.000 Substanzen befi nden sich in den Bibliotheken.<br />
Sie enthalten einzigartige Sammlungen an Naturstoffen aus Myxobakterien, Verbindungen, die von Kooperationspartnern zur Verfügung<br />
gestellt wurden, kommerziell erhältlichen Bibliotheken und im Hause synthetisierten Substanzen. CBIO hat einen halbautomatischen<br />
mikroskopischen Assay entwickelt, der basierend auf Änderungen des Phänotyps Hinweise auf den Wirkmechanismus<br />
gibt. Durch eine Software-gesteuerte fotografi sche Auswertung der Zellen wird ein biologisches Profi l der Verbindungen erzeugt,<br />
welche sich in einer hierarchischen Clusteranalyse zu bekannten Verbindungen mit ähnlichem Profi l gruppieren. Das Verfahren<br />
konnte erfolgreich validiert werden und gab bereits wertvolle Hinweise auf neue Wirkmechanismen und potenziell neue Wirkstoffe.<br />
Diese sollen nun weiter untersucht werden.