Ergebnisbericht 2010/11 - Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung
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WISSENSCHAFTLICHER ERGEBNISBERICHT | Infektion und Immunität | Pharmazeutische Forschung <strong>11</strong>3<br />
05.4 Identifi zierung molekularer Angriffspunkte von<br />
Antiinfektiva<br />
PROJEKTLEITER | Prof. Dr. Ursula Bilitewski | Arbeitsgruppe Biologische Systemanalyse | ubi@helmholtz-hzi.de<br />
PROJEKTMITGLIEDER | Dr. Nina Klippel | Dr. Bianca Lüderitz | Anna Buschart | Shuna Cui | Mohammed El-Mowafy |<br />
Daniela Evers | Katja Gremmer | Rabeay Hassan | Hani Kaba | Carolin Lewark | Dörthe Sokolis<br />
Zur Behandlung von Infektionen sind neue Wirkstoffe nötig,<br />
die neue Angriffspunkte in den Organismen nutzen, um<br />
bereits bestehende Antibiotika-Resistenzen zu umgehen.<br />
Wir haben <strong>für</strong> unsere Untersuchungen kommensale und<br />
persistente Mikroorganismen ausgewählt: die Hefe Candida<br />
albicans und das Bakterium Mycobacterium bovis (BCG) als<br />
Stellvertreter <strong>für</strong> den Tuberkuloseerreger Mycobacterium<br />
tuberculosis. Diese Mikroorganismen sind an das Überleben<br />
in Gegenwart von menschlichen Zellen angepasst, und<br />
Infektionen entstehen vor allem dann, wenn die Immunabwehr<br />
des Menschen geschwächt ist.<br />
Histidinkinasen als Angriffspunkte <strong>für</strong> Antiinfektiva<br />
Histidinkinasen sind in Bakterien, aber auch in Pilzen zu<br />
fi nden und fungieren häufi g als Sensorproteine <strong>für</strong> Umgebungsbedingungen.<br />
In früheren Untersuchungen hatte sich<br />
die als CaNik1 bezeichnete Histidinkinase von C. albicans<br />
als Angriffspunkt <strong>für</strong> die myxobakteriellen Sekundärmetabolite<br />
Ambruticin VS3 und Jerangolid A erwiesen. In diesem<br />
Protein konnten wir neben den <strong>für</strong> die enzymatische<br />
Aktivität notwendigen Zentren noch 9 seriell angeordnete<br />
sogenannte HAMP-Domänen identifi zieren. Durch gezielte<br />
Deletion einiger dieser Domänen konnten wir zeigen, dass<br />
sie an der Sensitivität <strong>für</strong> Fungizide beteiligt sind. Für<br />
weitere funktionelle Studien hatten wir das Gen in der gut<br />
untersuchten Bäckerhefe S. cerevisiae funktionell exprimiert<br />
und dort Genexpressionsstudien durchgeführt. Diese<br />
zeigten, dass durch CaNik1 in Bäckerhefe der Signalweg<br />
aktiviert wird, der die osmotische Stressabwehr reguliert,<br />
was in der Folge auch die Regulation des Zellzyklus und<br />
damit des Zellwachstums betrifft.<br />
Suche nach neuen Angriffspunkten <strong>für</strong> Antiinfektiva<br />
Candida albicans besiedelt als kommensaler Organismus<br />
vor allem Schleimhäute von Menschen, befi ndet sich also<br />
in direktem Kontakt mit Epithelzellen. Bei systemischen<br />
Infektionen dringt sie in tieferliegendes Gewebe ein und<br />
wird über die Blutbahn verbreitet. Dies ist mit Morphologiewechseln<br />
zwischen Hefe- und Hyphenform verbunden.<br />
An der Infektionsabwehr sind vor allem Phagozyten, wie<br />
Neutrophile und Makrophagen, beteiligt. Auch bei der<br />
Abwehr von Lungeninfektionen durch Mykobakterien sind<br />
Makrophagen wesentlich beteiligt. Allerdings können die<br />
Bakterien im Innern von Makrophagen als persistierende,<br />
ruhende Organismen überleben und sich so antibakteriellen<br />
Therapien entziehen.<br />
Um neue Angriffspunkte <strong>für</strong> Antiinfektiva zu identifi zieren,<br />
ahmen wir im Labor die Bedingungen nach, die die Organismen<br />
im Menschen vorfi nden. Wir prüfen, ob wir durch<br />
chemische Substanzen die Wirkung der Phagozyten unter-<br />
Elektronenmikroskopische Aufnahme der Wechselwirkung<br />
zwischen der Hefe Candida albicans und Epithelzellen (Zelllinie<br />
A 431) in Gegenwart des Peptids LL37 (M. Rohde). LL 37 gehört<br />
zu den antimikrobiellen Peptiden, hemmt das Wachstum von<br />
C. albicans kaum, fördert jedoch die Adhäsion der Hefe an die<br />
menschlichen Zellen. Bei einer Inkubationszeit von 6 h unter<br />
Zellkulturbedingungen bildet C. albicans Hyphen, die auch in<br />
den Epithelzellen zu fi nden sind und in ihnen weiter wachsen.<br />
Photo: HZI, Rohde<br />
stützen, bei C. albicans den Morphologiewechsel und bei<br />
Mykobakterien das Überleben im Ruhezustand verhindern<br />
können. Als Quellen <strong>für</strong> potenzielle neue Wirkstoffe nutzen<br />
wir Bibliotheken chemischer Substanzen, myxobakterielle<br />
Extrakte und kommerziell verfügbare Inhibitoren. Dabei<br />
konnten wir zeigen, dass alle infektionsrelevanten Schritte<br />
durch chemische Substanzen beeinfl ussbar sind. Diese<br />
Substanzen können zum Teil von den Organismen selber<br />
gebildet werden. So bilden menschliche Zellen Peptide, die<br />
die Adhäsion von C. albicans auf Oberfl ächen verändern,<br />
vor allem an Bestandteile der extrazellulären Matrix. Die<br />
Bildung von Hyphen wird unter anderem durch Substanzen<br />
unterdrückt, die <strong>für</strong> C. albicans Funktionen als Quorum<br />
Sensing-Verbindungen haben. Außerdem entdeckten wir<br />
Genistein, einen bekannten Inhaltsstoff der Sojabohne, als<br />
Phagozytose-aktivierende Substanz.<br />
Wesolowski,J., Hassan,R.Y.A., Reinhardt,K., Hodde,S. & Bilitewski,U. (<strong>2010</strong>) Antifungal<br />
compounds redirect metabolic pathways in yeasts: Metabolites as indicators of modes of<br />
action, Journal of Applied Microbiology 108, 462 - 471<br />
Klippel,N., Cui,S., Gröbe,L. & Bilitewski,U. (<strong>2010</strong>) Deletion of the Candida albicans histidine<br />
kinase gene CHK1 improves recognition by phagocytes through an increased<br />
exposure of cell wall ß-glucans, Microbiology 156, 3432 – 3431<br />
Buschart,A., Gremmer,K., v.d.Heuvel,J. Müller,P.P. & Bilitewski,U. (20<strong>11</strong>) Repetitive<br />
HAMP domains at the N-terminus of the CaNik1 histidine kinase of Candida albicans<br />
mediate specifi c interactions with fungicides, Molecular Microbiology, submitted