Ergebnisbericht 2010/11 - Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung
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WISSENSCHAFTLICHER ERGEBNISBERICHT | Infektion und Immunität | Mikrobielle Pathogenese 73<br />
01.5 Strukturelle und mechanistische Analyse<br />
funktioneller Amyloide<br />
PROJEKTLEITERIN | Prof. Dr. Christiane Ritter | Nachwuchgruppe Makromolekulare Interaktionen |<br />
cri07@helmholtz-hzi.de<br />
PROJEKTMITARBEITER | Agnes Zimmer | Madhu Nagaraj | Johannes Spehr | Tobias Schubeis<br />
Amyloide sind geordnete Proteinfasern (sog. Fibrillen), die<br />
sowohl mit schweren Krankheiten – durch Proteinfehlfaltung<br />
ausgelöst –, als auch mit nützlichen Zellfunktionen zusammenhängen.<br />
In den letzten Jahren wurde gezeigt, dass viele<br />
Bakterien fi brilläre Adhäsine ausbilden, die eine Amyloidähnliche<br />
Struktur ausbilden. In natürlich vorkommenden<br />
bakteriellen Biofi lmen wiesen bis zu 40 % der anwesenden<br />
Spezies solche Strukturen auf. Einige von ihnen erhöhen die<br />
Virulenz der Bakterien, indem sie z.B. <strong>für</strong> die Ausbildung<br />
von Biofi lmen wichtig sind, Interaktionen mit dem Wirt<br />
vermitteln oder die Adaptation an verschiedene Umweltbedingungen<br />
erleichtern. Im Gegensatz zu Amyloiden,<br />
die mit Krankheiten wie Alzheimer, Parkinson oder den<br />
Prion-Erkrankungen assoziiert sind, sind diese funktionalen<br />
Amyloide jedoch nicht toxisch.<br />
Der Schwerpunkt unserer Forschung liegt auf der Aufklärung<br />
der strukturellen und mechanistischen Grundlage dieser<br />
Funktionen <strong>für</strong> ausgewählte bakterielle und pilzliche Amyloide.<br />
Instrumente zur Bestimmung der Struktur von Amyloidfi<br />
brillen Hochaufl ösende, strukturelle Informationen über<br />
natürlich vorkommende Amyloide sind rar, da aufgrund<br />
ihrer Größe und nichtkristallinen Struktur etablierte Strukturanalysetechniken<br />
nur eingeschränkt nutzbar sind. Daher<br />
haben wir eine neue, allgemein anwendbare Methode erarbeitet,<br />
bei der die Struktur der Amyloidfi brillen über Kernmagnetresonanz<br />
(NMR)-detektierten Wasserstoffaustausch,<br />
Festkörper-NMR und weitere spektroskopische Techniken<br />
ermittelt werden kann. Festkörper-NMR ist eine neue Methode<br />
zur Bestimmung hochaufgelöster Proteinstrukturen mit<br />
hohem Potential <strong>für</strong> fi brilläre Proteine. Wir etablieren diese<br />
Methode am HZI und entwickeln biochemische Ansätze zur<br />
selektiven Isotopenmarkierung der Proteinproben.<br />
Curli: eine Virulenz-verstärkende Amyloidhülle Curli<br />
ist die wichtigste Proteinkomponente der extrazellulären<br />
Matrix, die Enterobacteriaceae, wie z.B. E. coli und Salmonella<br />
typhimurium, produzieren. Curli-Fibrillen sind an der<br />
Adhäsion an biotischen und abiotischen Oberfl ächen und<br />
an der Bildung von Biofi lmen beteiligt. Ihre Interaktion mit<br />
spezifi schen Wirtsproteinen ermöglicht das Eindringen der<br />
Bakterien in die Wirtszellen und führt zu Entzündungen und<br />
Sepsis. In vivo wird die Fibrillenbildung der Hauptkomponente<br />
von Curli, CsgA, exklusiv durch das homologe Protein<br />
CsgB initiiert. Um die Funktionalitäten von CsgA und CsgB<br />
zu verstehen, analysieren wir die Strukturen, die Kinetik<br />
der Fibrillenbildung und die thermodynamische Stabilität<br />
der von beiden Proteinen gebildeten Fibrillen. Außerdem<br />
untersuchen wir die Struktur und Funktion von Proteinen,<br />
extracellular space<br />
Modell der Curli-Biogenese. Die Expression der Curli-Untereinheiten<br />
wird durch den positiven Transkriptionsregulator CsgD<br />
kontrolliert. CsgA ist die strukturelle Hauptkomponente. Um Curli-<br />
Fasern bilden zu können, benötigt es das homologe Protein CsgB<br />
als Nukleator. CsgG ist ein Membrankanal, der <strong>für</strong> den Export<br />
der Strukturproteine notwendig ist, und CsgE und CsgF sind molekulare<br />
Chaperone, die <strong>für</strong> die korrekte Ausbildung der Curli-Fasern<br />
notwendig sind. Die Vergrößerung zeigt ein Modell eines<br />
einzelnen CsgA Moleküls innerhalb der fi brillären Curli-Struktur,<br />
das basierend auf Wasserstoffaustauschdaten berechnet wurde.<br />
die in vivo <strong>für</strong> die Biogenese von Curli-Fimbrien essenziell<br />
sind. Ein mechanistisches Verständnis der Curli-Biogenese<br />
wird es erlauben, neue Ansatzpunkte zu identifi zieren, um<br />
die Ausbildung dieser Strukturen zu verhindern und so die<br />
Virulenz der Bakterien zu reduzieren.<br />
HET-s: ein funktionelles Prion aus Fadenpilzen Einige<br />
der heute bekannten Amyloide sind in der Lage, sich in vivo<br />
selbst zu replizieren und sind somit Prionen (infektiöse<br />
Proteine). Um die molekularen Grundlagen <strong>für</strong> die Infektiösität<br />
von Amyloiden zu verstehen, untersuchen wir die<br />
biophysikalischen Eigenschaften des funktionellen Prionproteins<br />
HET-s aus dem Fadenpilz Podospora anserina, sowie<br />
die Eigenschaften eines homologen Proteins aus Fusarium<br />
graminearum. Trotz erheblicher Unterschiede in der Aminosäuresequenz<br />
sind die Amyloide der beiden Proteine <strong>für</strong> den<br />
jeweils anderen Organismus infektiös, d.h. es besteht keine<br />
Speziesbarriere. Mit Hilfe von Wasserstoffaustauschexperimenten<br />
konnten wir zeigen, dass dieses Verhalten auf einer<br />
hochkonservierten Struktur der Fibrillen beruht.<br />
Wasmer, C., Zimmer, A., Sabate, R., Soragni, A., Saupe, S.J., Ritter, C., and Meier, B.H.<br />
(<strong>2010</strong>). Structural Similarity between the Prion Domain of HET-s and a Homologue<br />
Can Explain Amyloid Cross-Seeding in Spite of Limited Sequence Identity. Journal of<br />
Molecular Biology 402(2): 3<strong>11</strong>-325.<br />
Greenwald, J., Buhtz, C., Ritter, C., Kwiatkowski, W., Choe, S., Maddelein, M.L., Ness,<br />
F., Cescau, S., Soragni, A., Leitz, D., Saupe, S.J., and Riek, R. (<strong>2010</strong>). The Mechanism of<br />
prion inhibition by HET-S. Molecular Cell 38: 889-899.