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Ergebnisbericht 2010/11 - Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung

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70 WISSENSCHAFTLICHER ERGEBNISBERICHT | Infektion und Immunität | Mikrobielle Pathogenese<br />

01.2 Virulenzfaktoren von Streptokokken und<br />

Pneumokokken<br />

PROJEKTLEITER | Prof. Dr. G. Singh Chhatwal | Abteilung <strong>für</strong> Medizinische Mikrobiologie | gsc@helmholtz-hzi.de<br />

PROJEKTMITARBEITER | Silva Amelung | Dr. René Bergmann | Dr. Simone Bergmann | Dr. Marcus Fulde |<br />

Angela Hitzmann | Melanie Lüttge | Dr. Andreas Nerlich | Dr. Patric Nitsche-Schmitz | Priv.-Doz. Dr. Manfred Rohde |<br />

Dr. Vivek Sagar | Dr. Susanne Talay<br />

Nicht nur Streptococcus pyogenes und S. pneumoniae (Pneumokokken)<br />

lösen schwere Infektions- und Folgeerkrankungen<br />

im Menschen aus, auch Gruppe C- und G-Streptokokken<br />

wie S. dysgalactiae ssp equisimilis (SDSE), S. anginosus oder<br />

S. canis sind aufstrebende Humanpathogene. So wird SDSE<br />

mit rheumatischen Herzerkrankungen in Verbindung gebracht.<br />

Der Begriff „Oralstreptokokken“ umfasst Arten, die<br />

Karies, aber auch lebensbedrohliche systemische Infektionen<br />

verursachen. Trotz verfügbarer Antibiotika bleibt die<br />

Gesundheits- und Lebensgefährdung durch Streptokokken<br />

sehr hoch und schafft einen Bedarf an alternativen Therapien.<br />

Gegenwärtige Highlights unseres Projektes, das neue<br />

Pathomechanismen aufklärt und Wege zu neuen Therapieansätze<br />

aufzeigt, sind:<br />

Vernachlässigte Erkrankungen Wir konnten zeigen, dass<br />

Oralstreptokokken einen Pathomechanismus besitzen, der<br />

bislang nur <strong>für</strong> S. pyogenes und S. pneumoniae beschrieben<br />

war. Er beruht auf der Bindung und Aktivierung von<br />

Plasminogen aus humanem Blut. Bakterielle Oberfl ächenproteine<br />

vermitteln diesen Prozess, der den Streptokokken<br />

eine gewebezersetzende Eigenschaft verleiht (Abb. 1), ihre<br />

Ausbreitung im Wirt fördert und so ihre Pathogenität erhöht.<br />

Besonders effi zient sind dabei diverse M-Proteine, die<br />

in S. pyogenes und - wie wir kürzlich nachweisen konnten<br />

– in SDSE und S. canis vorkommen.<br />

Aktiviertes Plasmin(ogen) auf der Bakterienoberfl äche (hier: S.<br />

canis) zersetzt Fibrin und kann so die Verbreitung des Erregers<br />

im Patienten fördern. Foto: HZI, Rohde<br />

Die Rolle der verschiedenen Gruppe C- und G- Streptokokken<br />

bei Humaninfektionen ist nur unvollständig untersucht. Wir<br />

haben gezeigt, dass in Südindien, wo solche Infektionen sehr<br />

häufi g sind, 80% der Fälle durch SDSE verursacht werden.<br />

Überraschend war, dass S. anginosus die Ursache <strong>für</strong> die übrigen<br />

20% der Infektionen ist. Deren Diagnose ist bislang schwer,<br />

verdient aber nachweislich mehr Aufmerksamkeit in der<br />

medizinischen Praxis. Unser kürzlich entwickelter Test <strong>für</strong><br />

diese Bakterien kann dabei als wertvolles Werkzeug dienen.<br />

Die hohe Rate an SDSE-Infektionen ist alarmierend, denn sie<br />

verursachen rheumatische Herzerkrankungen. Ursache sind<br />

SDSE-Stämme, die Kollagen über PARF (peptide associated<br />

with rheumatic fever) binden. Die Häufi gkeit solcher Stämme<br />

und der rheumatischen Herzkrankheit in Südindien weisen<br />

auf eine entscheidende Rolle dieses Pathomechanismus hin.<br />

Endothel-Interaktionen Invasive Infektionen sind häufi g<br />

mit einer Verbreitung der Bakterien über die Blutbahn<br />

ver bunden. Dort sind sie der Immunabwehr ausgesetzt. Um<br />

dieser zu entgehen, dringt S. pyogenes in die innere Zellschicht<br />

der Blutbahn (Endothel) ein. Dazu lösen die Bakterien<br />

einen Phagozytose-ähnlichen Prozess aus. Wir konnten<br />

zeigen, dass das Protein SpyCep daran beteiligt ist (Abb. 2).<br />

Dieser Faktor wird auch deshalb mit invasiven Infektionen<br />

in Verbindung gebracht, weil er den Botenstoff IL-8 abbaut<br />

und auch so der Immunabwehr entgegenwirkt.<br />

Invasion von SpyCep-tragendem S. pyogenes (links) und<br />

SpyCep-gekoppeltem Latexpartikel (rechts) in humane Endothelzellen<br />

Foto: HZI, Rohde<br />

Pneumokokken verursachen schwere Lungenentzündungen<br />

und beeinfl ussen das Genexpressionsprofi l der Lungenendothelzellen,<br />

wie wir mit Hilfe eines Humangenom-Microarrays<br />

feststellen konnten. Phosphoglyceratkinase, ein<br />

zytoplasmatisches Enzym der Pneumokokken, das auch auf<br />

ihrer Oberfl äche vorkommt, wurde außerdem als Plasminogenbinder<br />

identifi ziert.<br />

Zusammenfassend bietet die Aufklärung der Interaktionen<br />

von Streptokokken mit humanem Endothel und Plasminogen<br />

neue Ansätze <strong>für</strong> Therapien, die invasiven Infektionen<br />

entgegenwirken. Die Untersuchung vernachlässigter Streptokokkenpathogene<br />

erweitert den Blick auf die Schlüsselmechanismen<br />

der Streptokokkeninfektionen und gibt neue<br />

Anregungen <strong>für</strong> deren Diagnostik und Behandlung.<br />

Bergmann, R, Dinkla, K, Nitsche-Schmitz, DP, Graham, RM, Lüttge, M, Sanderson-<br />

Smith, M, Nerlich, A, Rohde, M, Chhatwal, GS (<strong>2010</strong>) Biological functions of GCS3, a<br />

novel plasminogen binding protein of Streptococcus dysgalactiae ssp. equisimilis.<br />

International Journal of Medical Microbiology. doi:10,1016/j.ijmm.<strong>2010</strong>.06.007<br />

Itzek A, Gillen CM, Fulde M, Friedrichs C, Rodloff AC, Chhatwal GS, Nitsche-Schmitz DP<br />

(<strong>2010</strong>) Contribution of plasminogen activation towards the pathogenic potential of oral<br />

streptococci. PLoS One 5: e13826

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