Ergebnisbericht 2010/11 - Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung
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Man mag Genomforschung mit ihrem Kernelement<br />
Sequenzanalyse als Kärrnerarbeit <strong>für</strong> Forschung, Entwicklung<br />
und Anwendung in den Biowissenschaften und der<br />
Medizin sehen. Aus diesen Bereichen wird sie aber immer<br />
weniger wegzudenken sein. Schon im Jahr 2000 trug die<br />
Zeitschrift „Science“ die Sequenzierung ganzer Genome in<br />
ihre Annalen der interdisziplinären Durchbrüche des<br />
Jahres ein (6). Francis Collins, Berater von Präsident Obama,<br />
Direktor des NIH und vorher Sprecher unseres Humangenomprogramms<br />
hat es kürzlich so ausgedrückt: „Genome<br />
research is really just beginning and it can be dizzying to<br />
live on an exponential curve”. So war es und so ist es.<br />
Zurück zum Titel Was wären wir ohne DNA-Sequenzen? So<br />
frage ich im Titel dieses Aufsatzes. Die aller einfachste<br />
Antwort wäre (zutreffend, aber ein Diskussionskiller): Wir,<br />
sogar jegliche Lebensformen würden gar nicht existieren<br />
ohne DNA-Sequenzen. Aber Forschung und Entwicklung<br />
haben es uns an die Hand gegeben, dass wir über die<br />
Stoffklasse der Nucleinsäuren abwechslungsreiche Reisen<br />
in das Universum unseres Inneren antreten können. Als<br />
Fan der Weltraumforschung interessiert mich diese Art von<br />
innerem Universum wesentlich stärker als das Universum<br />
um unsere Welt herum. Vielleicht egozentrisch gedacht,<br />
aber sicher auch näher an Entdeckungen, die uns mehr<br />
Wissen über uns selbst geben und – verantwortbar<br />
eingesetzt - uns das Leben besser gestalten lassen. Das<br />
erhoffe ich mir insgeheim auch <strong>für</strong> mich selbst. Vor dem<br />
Hintergrund tausender menschlicher Genome, die zurzeit<br />
weltweit analysiert werden, sollte auch meine eigene<br />
Genomsequenz einige interessante Geheimnisse preisgeben.<br />
Das erwarte ich auch von den Genomsequenzen<br />
meiner drei Braunschweiger Kollegen, die zugleich mit<br />
meiner Sequenz in der Analyse sind.<br />
Fundierte Kenntnisse von DNA-Sequenzen sind der<br />
Schlüssel da<strong>für</strong>, um mehr über uns und unsere Umgebung<br />
zu wissen, heute und morgen. Als Nukleinsäure-Mensch,<br />
was kann man mehr von seinem Berufsleben erwarten?<br />
Helmut Blöcker, geboren 1945, erwarb sein Diplom in<br />
Chemie an der TU Braunschweig 1972. Seine Doktorarbeit<br />
(1972-75) führte er an der Universität Hamburg durch, wo er<br />
nach der Promotion noch 5 weitere Jahre als Wissenschaftlicher<br />
Mitarbeiter in der gleichen Arbeitsgruppe tätig war.<br />
1980 kam er an die GBF, wo er die Arbeitsgruppe DNA-Synthese<br />
aufbaute. Von 1994 -<strong>2010</strong> war er Leiter der Abteilung<br />
„Genomanalyse“ an der GBF/dem HZI.<br />
SONDERBEITRÄGE | Was wären wir ohne DNA-Sequenzen?<br />
Abb. 3. Vier Genome in der Analyse: Michael Jarek, Tschong-<br />
Hun Im, Maren Scharfe, Helmut Blöcker, alle neben einer<br />
handgearbeiteten DNA (Abschiedsgeschenk an H.B.) Foto: HZI<br />
Literatur<br />
(1) Weitere Information zur Sequenzierung:<br />
http://en.wikipedia.org/wiki/DNA_sequencing#cite_note-6<br />
(2) Christensen, Clayton M. (1997). The innovator‘s dilemma:<br />
when new technologies cause great fi rms to fail. Harvard<br />
Business Press. ISBN 9780875845852.<br />
(3) Köster, H., Blöcker, H., & Frank R., Geussenhainer S.,<br />
& Kaiser W. (1975) Total Synthesis of a Structural Gene for<br />
the Human Peptide Hormone Angiotensin II. Hoppe-Seyler´s<br />
Zeitschrift <strong>für</strong> physiologische Chemie 356 (2), 1585–1594.<br />
(4) Kauer, G. & Blöcker, H. (2003) Applying signal theory to<br />
the analysis of biomolecules. Bioinformatics 19, 2016-2021.<br />
51<br />
(5) International Human Genome Sequencing Consortium<br />
(2001) Initial sequencing and analysis of the human genome.<br />
Nature 409, 860-921.<br />
(6) Pennisi, E. (2000) Breakthrough of the year. Genomics<br />
Comes of Age. Science 290, 2220–2221.