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Ergebnisbericht 2010/11 - Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung

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BERICHTE AUS DER FORSCHUNG | Die Alterung des Immunsystems: Probleme und Perspektiven<br />

Eine wesentliche Einschränkung bei der Übertragung der<br />

mit dem Mausmodell erzielten Ergebnisse über die Immunalterung<br />

auf die Immunoseneszenz beim Menschen ergibt sich<br />

aus der relativ kurzen Lebensspanne von Mäusen (~2,5 Jahre).<br />

Eine geeignetere Alternative bieten Untersuchungen an<br />

älteren, nicht-menschlichen Rhesusprimaten (NHP), die dem<br />

Menschen in phylogenetischer Hinsicht und auch bezüglich<br />

der Lebenszeit (durchschnittliche Lebenserwartung bei Rhesusaffen<br />

~25 Jahre) wesentlich ähnlicher sind. Andererseits<br />

sind die Möglichkeiten der Forschung anhand von Primatenmodellen<br />

aufgrund ethischer Bedenken und technischer Einschränkungen<br />

begrenzt. Bei einem Experiment lässt sich nur<br />

eine begrenzte Anzahl von NHP unterbringen und einsetzen.<br />

Hinzu kommt, dass die ausgefeilten genetischen Modelle, die<br />

<strong>für</strong> Mausexperimente frei verfügbar sind, praktisch nicht auf<br />

Wirte mit einer längeren Lebensspanne übertragbar sind. So<br />

bieten verschiedene Modelle unterschiedliche Vorteile bei<br />

der Untersuchung der Immunoseneszenz. Die Ermittlung der<br />

jeweiligen Vor- und Nachteile der einzelnen Untersuchungsmodelle<br />

und deren Einsatz im entsprechenden Kontext sind<br />

<strong>für</strong> den Erfolg der Forschung von größter Bedeutung.<br />

Immunverjüngung: mehr als nur ein Traum? Ein tieferes<br />

Verständnis der in den Zellen sowie auf molekularer Ebene<br />

stattfi ndenden Änderungsvorgänge, die die Alterung des<br />

Immunsystems bedingen, ist die Voraussetzung <strong>für</strong> die Entwicklung<br />

neuer Methoden zur Umkehrung dieses Prozesses.<br />

Da die Immunoseneszenz im Zusammenhang mit einer verminderten<br />

Produktion von jungen B- und T-Zellen steht, kann<br />

eine Wiederbelebung des Immunsystems mit neuen B- und<br />

T-Zellen aus universellen Stammzellen eine Möglichkeit sein,<br />

die Immunoseneszenz bei älteren Patienten zurückzubilden.<br />

Voraussetzung da<strong>für</strong> ist, dass sich die adulten Körperzellen<br />

zu universellen Stammzellen umprogrammieren lassen,<br />

um daraus junge Lymphozyten zu bilden. Eine weitere, im<br />

Tiermodell getestete, vielversprechende Strategie besteht in<br />

der Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit der Thymuszellen<br />

im Epithel. Der Abbau der Thymuszellen wird nach<br />

der Behandlung mit Keratinozyten-Wachstumsfaktoren (Min<br />

et al., 2007) verzögert. Eine weitere Möglichkeit zur Verjüngung<br />

des gealterten Immunsystems ist die Beeinfl ussung der<br />

Produktion von Lymphozyten zur Erhöhung der Anzahl der<br />

jungen B- und T-Zellen, die sich in sekundären lymphoiden<br />

Organen ansiedeln. Die erhöhte Anzahl von B- und T-Zellen<br />

im Kreislauf bewirkt bei älteren Patienten, dass deren Immunsystem<br />

auf neue oder von früher her bekannte Antigene<br />

besser reagieren kann. Es gibt auch Empfehlungen <strong>für</strong><br />

verschiedene Eingriffe und Übungen, die die Immunfunktion<br />

bei älteren Patienten wiederherstellen sollen. Die Befunde<br />

einiger, jedoch nicht aller, Studien untermauern die These,<br />

dass die Immunoseneszenz durch Übungen eingedämmt und<br />

dadurch eine wirksame Therapie <strong>für</strong> die Wiederherstellung<br />

der Immunfunktion bei älteren Menschen durchgeführt<br />

werden kann. Der Immunoseneszenz könnte auch entgegen<br />

gewirkt werden, indem die Belastung durch Antigene, die von<br />

33<br />

Pathogenen, wie dem Grippevirus oder dem Cytomegalovirus<br />

(CMV) ausgehen, reduziert wird. Damit müssten sich die systematische<br />

Suche nach chronischen viralen Infektionen bei<br />

älteren Menschen sowie die Entwicklung sicherer Verfahren<br />

zur Ausmerzung solcher Krankheiten mit hoher Wahrscheinlichkeit<br />

auch günstig auf die Lebenserwartung auswirken.<br />

Da es beim Alterungsprozess starke Unterschiede zwischen<br />

den einzelnen Individuen gibt, ist es wichtig, Methoden zu<br />

entwickeln, anhand derer sich die Patienten ermitteln lassen,<br />

bei denen durch eine immunmodulatorische Behandlung die<br />

besten Behandlungsergebnisse erzielt werden können. Daher<br />

wäre es von Vorteil, wenn einfache Biomarker zur Verfügung<br />

stünden, mit denen sich die Wirkung auf die Alterung des<br />

Immunsystems ermitteln ließen. Auf diesem Gebiet kündigen<br />

sich bereits die ersten Erfolge an.<br />

Altersforschung am HZI Für die Altersforschung am HZI<br />

sind zurzeit zwei Arbeitsgruppen zuständig: Die Arbeitsgruppe<br />

Infektionsimmunologie (INI) und die Arbeitsgruppe<br />

Immunalterung und Chronische Infektionen (IMCI). Die<br />

Forschungstätigkeit dieser Arbeitsgruppen konzentriert sich<br />

dabei auf die Identifi zierung von altersbedingten Änderungen<br />

der Immunfunktionen. Das ist die Basis <strong>für</strong> die Entwicklung<br />

von Behandlungsstrategien zur Verzögerung bzw. Verhinderung<br />

des Abbaus der Leistungsfähigkeit des Immunsystems.<br />

Unter Verwendung eines Mausmodells zur Alterungsforschung<br />

haben die Wissenschaftler der Arbeitsgruppe Infektionsimmunologie<br />

spezifi sche Beeinträchtigungen der Immunfunktion<br />

untersucht, die zu einer altersbedingten, erhöhten<br />

Suszeptibilität gegenüber Infektionen mit Streptococcus<br />

pyogenes (Goldmann et al., <strong>2010</strong>) führen. Dieses Pathogen ist<br />

die Hauptursache <strong>für</strong> schwere Infektionen, die bei älteren<br />

Menschen lebensbedrohlich sein können. Dabei wurde herausgefunden,<br />

dass, ähnlich wie beim Menschen, die Jungtiere<br />

Abb. 4. Mäuse zeigen ebenso wie Menschen einen altersbedingten<br />

Verlust der Resistenz gegenüber Streptococcus<br />

pyogenes. Die Abbildung zeigt, dass junge Mäuse S. pyogenes-<br />

Infektionen gut überlebten (offene Symbole), während alte<br />

Tiere sehr empfi ndlich auf diese Infektion reagierten und alle<br />

Mäuse innerhalb von 2 Wochen nach der Infektion starben<br />

(geschlossene Symbole). Grafi k: HZI

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