Ergebnisbericht 2010/11 - Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung
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42 BERICHTE AUS DER FORSCHUNG | Mykobakterielle Phagosomen und angeborene Immunität<br />
Mykobakterielle Phagosomen und angeborene Immunität<br />
AUTOR | Dr. Maximiliano G. Gutierrez | Nachwuchsforschergruppe Phagosomen Biologie |<br />
mgg08@helmholtz-hzi.de<br />
Obwohl potentielle Pathogene überall und ständig präsent sind, lösen sie nur selten eine Krankheit aus. Die meisten Pathogene<br />
werden durch die in unserem Körper stattfi ndenden angeborenen Abwehrmechanismen sofort eliminiert.<br />
Im Jahre 1882 führte Ilya Metchnikoff ein aufschlussreiches Experiment durch. Er implantierte einer durchsichtigen Seesternlarve<br />
einen Splitter und beobachtete, wie Phagozyten diesen Splitter umschlossen und mit rasanter Geschwindigkeit zu vertilgen<br />
versuchten. Damals postulierte er, dass Phagozyten ein wichtiger Bestandteil des Immunabwehrmechanismus im Wirtsorganismus<br />
sind. Er stellte die Theorie der Phagozytose und der entwicklungsgeschichtlichen Bedeutung der Nahrungsaufnahme zwecks<br />
Ernährung und Aufbau von Abwehrmechanismen auf. In Anerkennung seiner Leistungen im Bereich Immunologie erhielt er 1908<br />
zusammen mit Paul Ehrlich den Nobelpreis <strong>für</strong> Physiologie und Medizin. Mit seiner Theorie schuf Metchnikoff die Grundlage<br />
unseres heutigen Wissens über die Phagozytose und die Reaktionen des angeborenen Immunsystems (Bericht in Tauber, 2003).<br />
Phagozytose Die Phagozytose bezeichnet den Vorgang,<br />
bei dem spezialisierte und nicht spezialisierte Phagozyten<br />
sowie andere Arten von Zellen Partikel vertilgen, die größer<br />
als 1 μm sind. Die daraus entstehenden intrazellulären Vakuolen,<br />
die als Phagosomen bezeichnet werden, durchlaufen<br />
dynamische Veränderungen. In deren Verlauf ändern sich<br />
sowohl die Zusammensetzung der abgrenzenden Membranen<br />
als auch deren Inhaltsstoffe. Dahinter steht eine Abfolge<br />
von Vorgängen, die den Ausbreitungsmechanismen des<br />
endozytischen Signalwegs ähnelt. Dieser Vorgang wird als<br />
Phagosomreifung bezeichnet. Dadurch wird die Vakuole mit<br />
abbaufördernden Eigenschaften ausgestattet, die <strong>für</strong> ihre<br />
mikrobizide Funktion von zentraler Bedeutung sind. Bei<br />
den Wirbeltieren bildet sie die vorderste Verteidigungslinie<br />
bei der Abwehr von Infektionen (Haas, 2007).<br />
Phagosomenreifung und Immunität Durch den Einsatz<br />
von Latexkügelchen konnten bei der Erforschung der<br />
Phagosomen-Biologie große Fortschritte erzielt werden.<br />
Dieses Modell wurde in den 60iger Jahren zum ersten<br />
Mal von Weisman und Korn eingeführt und zu Beginn<br />
der 90iger Jahre wiederentdeckt (Desjardins et al., 1994).<br />
Der Einsatz von Latexkügelchen bietet <strong>für</strong> in vitro und in<br />
vivo Analysen vieler phagosomaler Funktionen vielfältige<br />
Möglichkeiten. Damit lässt sich der hoch komplexe Prozess<br />
der Phagozytose (Abbildung 1) einfach und verständlich<br />
abbilden. Da das Latex im Saccharosegradienten fl ottiert,<br />
lassen sich Latexkugelphagosomen wesentlich einfacher in<br />
reinen Fraktionen zur Analyse der Inhaltsstoffe isolieren<br />
(Abbildung 2). Vieles, was wir heute über Phagozytose und<br />
die Phagosomen-Biologie bei Zellsystemen wissen, haben<br />
eine große Anzahl von Forschergruppen unter Verwendung<br />
des Latexkugel-Phagosomsystems erforscht (Desjardins &<br />
Griffi ths, 2003). Desweiteren lassen sich diese Kügelchen<br />
zur Erforschung der während der Internalisierung stattfi<br />
ndenden Prozesse mit verschiedenen Proteinen bzw. spezifi<br />
schen Liganden beschichten, die an den Zellrezeptoren<br />
selektiv binden. Vor kurzem konnte nachgewiesen werden,<br />
dass sich auch bestimmte Substrate an die Kügelchen koppeln<br />
lassen, so dass die enzymatische Aktivität in Echtzeit<br />
überwacht werden kann (Yates et al., 2005).<br />
Bei der Aufnahme mikrobieller Pathogene bilden die Phagozyten<br />
zwei wesentliche Immunfunktionen aus, die von den<br />
Phagosomen kontrolliert werden. Zunächst leiten die Phagosomen<br />
teilweise die mikrobielle Elimination ein, indem<br />
die aufgenommenen mikrobiellen Pathogene durch einen<br />
speziellen Vorgang, der als Phagosom-Reifungssignalweg<br />
bekannt ist, zu den Lysosomen geleitet werden. Danach werden<br />
das umwandelte Protein und die Lipid-Antigene durch<br />
die Phagozyten über den phagozytischen Signalweg in den<br />
Haupthistokompatibilitätskomplex (HLA) der Klasse I, den<br />
Abb. 1. Phagozytose der Latexkügelchen. RAW 264.7-Makrophagen,<br />
die Rab34-GFP (grün) exprimieren, das die IgGbeschichteten<br />
Latexkügelchen (rot) mit rasanter Geschwindigkeit<br />
vertilgten. Der Zellkern ist blau dargestellt. Dieser Vorgang<br />
zeigt eine schematische Darstellung der IgG-opsonierten Bakterien,<br />
die auch über die Fcγ-Rezeptoren in die Makrophagen<br />
eindringen (FcγRs). A. Kügelchen in verschiedenen Eindringphasen.<br />
B. 3D- Darstellung der Lokalisierung von Rab34 auf<br />
der Phagosommembran. Foto: HZI, Kasmapour