Ergebnisbericht 2010/11 - Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung
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Abb. 1. Automatisierte Cluster-Analyse vom Illumina Sequenzer.<br />
Innerhalb von etwa 2 Jahren konnte die Sequenzierungsproduktivität<br />
um 1500 % durch umfassende Optimierungen<br />
gesteigert werden. Rechts: Vergrößerte Darstellung. Foto: HZI<br />
Ein erstaunlicher Weg also von „handgemachten“ 33 Basenpaaren<br />
zu den Maschinen der Jetztzeit. Es gehört aber kein<br />
Tiefenwissen dazu, um anzunehmen, dass die Entwicklung<br />
stürmisch weiterverlaufen wird. Eine grafi sche Erklärung<br />
<strong>für</strong> Linien der Technologieentwicklung fi ndet sich in<br />
Clayton Christensens Buch “The Innovator’s Dilemma” (2).<br />
Abb. 2. Clayton Christensen. Wie sich ablösende Technologien<br />
aus schwachen Marktsegmenten heraus über die Zeit<br />
entwickeln.<br />
SONDERBEITRÄGE | Was wären wir ohne DNA-Sequenzen?<br />
In der Tat kündigen sich die ersten Geräte auf dem Markt<br />
an, die kleiner, hoch integriert, sehr viel niedriger im<br />
Anschaffungspreis sind und mit extrem niedrigen Betriebskosten<br />
arbeiten können. Es werden künftig routinemäßig<br />
Einzelmoleküle sequenziert werden können. Das DNA-<br />
Material wird frei von künstlichen Markierungen eingesetzt,<br />
und Leseweiten von mehreren Zehntausend Nucleotiden<br />
zeichnen sich ab. Ein Fokus wird hierbei auf Entwicklungen<br />
in der Nanotechnik und der Mikrofl uidik liegen. Die<br />
ersten Sequencer <strong>für</strong> rund fünfzigtausend Euro sind auf<br />
dem Markt. Eine britische Firma kündigte <strong>für</strong> die nächsten<br />
Jahre Einweg-Sequencer in der Größe eines USB-Sticks an.<br />
Einfach atemberaubend!<br />
Kein Wunder, dass bei solchen Preisperspektiven die<br />
DNA-Sequenzierung sehr bald Eingang in die tägliche<br />
Routineanalyse fi nden wird. In Krankenhäusern, in der<br />
Pharmaindustrie, der Nahrungsmittelindustrie, der<br />
Züchtungsforschung, in Gesundheits- und Lebensmittelüberwachungsämtern.<br />
Sicher bald auch auf Bauernhöfen<br />
und in Arztpraxen.<br />
Gegenüber der Zeit vor den jetzigen Geräten ist kaum noch<br />
etwas wie es war. Dies betrifft nicht nur die Effi zienz,<br />
sondern vor allem die erheblich gesteigerte Vielseitigkeit<br />
der neuen Geräte und der <strong>für</strong> sie entwickelten Prozeduren.<br />
Es geht nicht mehr bloß um Kontrolle von Klonierungsreaktionen<br />
oder de novo-Sequenzen von Genomen, sondern zum<br />
Beispiel auch um die Analyse von Transkripten, Metagenomen,<br />
genomweiten Methylierungsmustern, Genduplikationen,<br />
SNPs. Es ist gerade diese methodische Ausweitung<br />
der Sequenziertechnologie, die nicht nur die bisherige<br />
Chip-Technologie kannibalisiert und sie zu einer reinen<br />
Nischentechnik reduziert, sondern die auf sehr lange Zeit<br />
Sequenzierautomaten zu einem unverzichtbaren Bestandteil<br />
jedes molekularbiologischen Labors macht. In Zukunft<br />
wird ein PS („Personal Sequencer“) im Labor so selbstverständlich<br />
sein, wie heute etwa eine PCR-Maschine.<br />
Sicher wäre es eine ungehörige Übertreibung, wenn man<br />
behauptete, die jetzigen und kommenden Sequencer<br />
könnten von gut trainierten Affen betrieben werden. Aber<br />
zumindest die kommenden Geräte werden den technischen<br />
Kräften weniger abverlangen und werden trotzdem nahezu<br />
unvorstellbare Mengen an Daten produzieren. Wir sollten<br />
uns nachdrücklich und sofort auf die Situation einstellen,<br />
dass wir intelligente Bioinformatiker und auch Experten<br />
mit breitem molekularbiologischem und medizinischem<br />
Wissen brauchen, die mit Massendaten umgehen können.<br />
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