Ergebnisbericht 2010/11 - Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung
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WISSENSCHAFTLICHER ERGEBNISBERICHT | Infektion und Immunität | Mikrobielle Pathogenese 71<br />
01.3 Molekulare Mechanismen des intrazellulären Transports,<br />
des Überlebens und der Persistenz von Streptokokken<br />
PROJEKTLEITER | Priv-Doz. Dr. Manfred Rohde | Abteilung <strong>für</strong> Medizinische Mikrobiologie | mro@helmholtz-hzi.de<br />
PROJEKTMITARBEITER | Katja Branitzki-Heinemann<br />
Streptococcus pyogenes, ein Gruppe A-Streptococcus (GAS),<br />
ist der Hauptverursacher von Streptokokken-Infektionen beim<br />
Menschen. Diese reichen von leichten bis zu schweren, sogar<br />
lebensbedrohlichen Infektionen, wie z.B. der nekrotisierenden<br />
Fasziitis. Streptokokken können auch rezidivierende<br />
Infektionen, wie z.B. Erysipel und Tonsillitis, verursachen.<br />
Dieses Phänomen wird als „carrier-Status“ der Streptokokkeninfektion<br />
beschrieben. Es ermöglicht, dass GAS nicht nur<br />
intrazellulär Überleben kann, sondern auch einer längeren<br />
Antibiotikabehandlung widerstehen kann. Die Untersuchung<br />
des „carrier-Status“ der Streptokokken wurde in der Vergangenheit<br />
mehr oder weniger vernachlässigt. Über die beteiligten<br />
Mechanismen und Faktoren ist nicht viel bekannt.<br />
Invasions- und Überlebensmechanismen der Streptokokken<br />
Es konnte nachgewiesen werden, dass die Fibronektin-bindenden<br />
Proteine der Streptokokken eine wichtige Rolle bei<br />
der Adhäsion und Invasion spielen. Das Streptokokken-Fibronektin-Bindungsprotein<br />
(SfbI) aus Gruppe A-Streptokokken<br />
vermittelt eine Adhäsion und Invasion durch Einstülpungen<br />
der Membran (A) in die Wirtszelle. Beteiligt sind Caveolae,<br />
und die Streptokokken verbleiben in einem Kompartiment,<br />
welches als Caveosom bezeichnet wird. SfbI benutzt dazu Fibronektin<br />
als Brückenmolekül zur Bindung an α 5 β 1 -Integrine.<br />
Durch die Nutzung dieses Caveolae-vermittelten Weges<br />
umgehen die SfbI-tragenden Streptokokken den lysosomalen<br />
Abwehrmechanismus der Wirtszelle, da es zu keiner Fusion<br />
mit Lysosomen kommt.<br />
Gruppe C-Streptokokken exprimieren das Protein GfbA an der<br />
Oberfl äche, das ebenfalls Fibronektin bindet und dann mit<br />
den α 5 β 1 -Integrinen interagiert. Jedoch zeigen invadierende<br />
Streptokokken das sogenannte „membrane ruffl ing“. Das sind<br />
Umlagerungen des Wirtszellzytoskeletts, obwohl ähnliche<br />
Mengen Fibronektin wie bei den SfbI-tragenden Stämmen gebunden<br />
werden (E). Die GfbA-exprimierenden Streptokokken<br />
folgen dem klassischen, endozytischen Weg mit der Fusion<br />
von Phagosom mit dem Lysosom. Die heterologe Oberfl ächenexpression<br />
des GfbA-Proteins in dem nicht pathogenen S.<br />
gordonii Stamm hat gezeigt, dass allein GfbA <strong>für</strong> den andersartigen<br />
morphologischen Invasionsmechanismus verantwortlich<br />
ist. Die Sequenzierung der GfbA-Gene zeigt, dass nur<br />
der C-terminale Teil eine starke Ähnlichkeit mit SfbI aufweist,<br />
während der N-terminale Bereich nur zu 60% ähnlich ist.<br />
Herstellung von chimären SfbI- und GfbA-Proteinen<br />
Anhand der Sequenzierdaten wurde die aromatische Domäne<br />
im N-terminalen Bereich als Vermittler des anderen Invasionsweges<br />
vermutet. Deshalb wurde einerseits ein GfbA-<br />
Protein ohne die aromatische Domäne hergestellt (GfbApro).<br />
Andererseits wurde die aromatische Domäne im SfbI-Protein<br />
durch die aromatische Domäne von GfbA ersetzt (SfbIGaro).<br />
Die GfbApro vermittelte Invasion zeigte nun wieder die<br />
typische Caveolae-vermittelte Invasion (F) ohne Fusion mit<br />
den Lysosomen (G). Die SfbIGaro vermittelte Invasion zeigte<br />
dagegen nun „membrane ruffl ing“ (B) mit Lysosomenverschmelzung<br />
(C). Mit Hilfe von SfbIGaro-Goldnanopartikeln<br />
konnten wir nachweisen, dass die SfbIGaro-vermittelte<br />
Bindung an Fibronektin, wie ebenfalls die GfbA-vermittelte,<br />
nicht zu einer Integrin-Klusterbildung führt (D). Die GfbApro<br />
vermittelte Bindung jedoch schon (H). Damit wurde erstmalig<br />
in einem Fibronektin-bindenden Protein eine biologische<br />
Funktion der aromatischen Domäne gezeigt. Weiterhin<br />
gibt es erste Hinweise darauf, dass Streptokokken, die mit<br />
„membrane ruffl ing“ invadieren, immer mit den Lysosomen<br />
zu einem Phagolysosom fusionieren.<br />
A) SfbI-exprimierende Streptokokken dringen in Wirtszellen<br />
durch die Ausbildung von Einstülpungen der Wirtszellmembran<br />
ein. E) GfbA-exprimierende Streptokokken invadieren in Wirtszellen<br />
über die Ausbildung von „membrane ruffl e“, Umlagerungen<br />
des Zytoskeletts der Wirtszelle. B) heterologe Expression<br />
von SfbI mit der aromatischen Domäne von GfbA (SfbIGaro)<br />
auf der Zelloberfl äche von S. gordonii führt ebenfalls zu einer<br />
Invasion über „membrane ruffl e“ und einer nachfolgenden<br />
intrazellulären Fusion mit Lysosomen; Streptokokken sind rot<br />
eingefärbt, während Lysosomen mit Lamp-1 grün gekennzeichnet<br />
sind (C). F) die Deletion der aromatischen Domäne in GfbA<br />
(GfbApro) führt zu einer Invasion über Einstülpungen wie <strong>für</strong><br />
SfbI beschrieben und es erfolgt keine Fusion mit den Lysosomen<br />
(G). D) die Bindung von SfbIGaro über Fibronektin an Integrine<br />
führt zu keinem Integrin-clustering, nur einzelne Goldpartikel<br />
sind detektierbar (Pfeile), wohingegen GfbApro ein Integrin-clustering<br />
aufweist, große Goldaggregate (H, Pfeile). Fotos: HZI, Rohde<br />
Nerlich, A., Rohde, M., Talay, S., Genth, H., Just, I., Chhatwal, G.S. (2009) Invasion of endothelial<br />
cells by tissue invasive M3 type Group A streptococci requires Src kinase and activation<br />
of Rac1 by a PI3-kinase independent mechanism. J. Biol.Chem., 284, 20319-20328