Ergebnisbericht 2010/11 - Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung
Ergebnisbericht 2010/11 - Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung
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WISSENSCHAFTLICHER ERGEBNISBERICHT | Infektion und Immunität | Wirt-Pathogen-Interaktionen<br />
02.7 Metabolische Diversität<br />
PROJEKTLEITER | Prof. Dr. Dietmar Pieper | Arbeitsgruppe Mikrobielle Interaktionen und Prozesse |<br />
dpi@helmholtz-hzi.de<br />
PROJEKTMITARBEITER | Dr. Ramiro Vilchez | Dr. Melissa Wos | Macarena Marin | Daiana Morales | Amelia Silva<br />
Mikroorganismen leben in ihren natürlichen Lebensräumen<br />
in komplexen Gemeinschaften, deren Zusammensetzung<br />
und Funktion stark von den Umgebungsbedingungen<br />
beeinfl usst wird. Das Verständnis ihrer Funktion mit dem<br />
Ziel einer rationalen Beeinfl ussung und Nutzung ist nicht<br />
nur in marinen oder terrestrischen Ökosystemen wichtig.<br />
Auch der menschliche Körper ist von Bakterien in Mengen<br />
besiedelt, die die Zahl der menschlichen Zellen übersteigen.<br />
Diese wirtsassoziierten Mikroorganismen können <strong>für</strong> die<br />
menschliche Gesundheit vorteilhaft sein, stellen aber auch<br />
ein Reservoir <strong>für</strong> opportunistische Pathogene dar.<br />
Gemeinschaften in der Nase Die menschlichen Nasenhöhlen<br />
sind die Hauptquelle und Risikofaktor <strong>für</strong> Infektionen<br />
durch Staphylococcus aureus, einen zunehmend<br />
multiresistenten Erreger, der <strong>für</strong> ein großes Spektrum von<br />
Infektionskrankheiten verantwortlich ist. Über die Zusammensetzung<br />
der nasalen Mikrofl ora und mögliche Wechselwirkungen<br />
zwischen Mitgliedern ist jedoch wenig bekannt.<br />
Wir haben nun die Zusammensetzung der Gemeinschaft<br />
von 40 Freiwilligen mittels neuer kultivierungsunabhängiger<br />
Methoden untersucht und das Vorhandensein von<br />
bisher nicht als dominant angenommenen Organismen wie<br />
Finegoldia magna, Dolosigranulum pigrum, Anaerococcus sp.<br />
oder bisher nicht kultivierten Actinomyceten nachgewiesen.<br />
Wir haben auch mögliche Wechselwirkungen zwischen<br />
S. aureus und anderen mikrobiellen Arten untersucht<br />
und, als Beispiel, eine statistisch signifi kante negative<br />
Beziehung zwischen S. aureus und F. magna beobachtet,<br />
was darauf hinweist, dass diese Arten eine wesentlich<br />
unterschiedliche Verteilung haben und nicht die gleiche<br />
Nische besiedeln können. Diese bisher unbeschriebenen<br />
Co-Kolonisierungsmuster und Unterschiede in der Artenzusammensetzung<br />
liefern Erkenntnisse <strong>für</strong> zukünftige<br />
Interventionsstrategien zur Bekämpfung von Infektionen<br />
durch S. aureus.<br />
Gemeinschaften des Darms Die Struktur der mikrobiellen<br />
Gemeinschaft des menschlichen Darms (Mikrobiom) wird<br />
durch genetische Faktoren des Wirts und Umweltfaktoren<br />
bestimmt, wobei Veränderungen in der Struktur mit dem<br />
Ausbruch verschiedener Krankheiten in Verbindung gebracht<br />
wurden. Die Etablierung eines defi nierten menschlichen<br />
Darm-Mikrobioms in Nagetiermodellen bietet eine<br />
Möglichkeit, entsprechende Zusammenhänge zu untersuchen.<br />
Wir haben nun die Effektivität, Qualität und Stabilität des<br />
menschlichen Mikrobioms in keimfreien Ratten sowie Mäusen<br />
und in mit Antibiotika behandelten Mäusen verglichen.<br />
Hierbei wurden bemerkenswerte Unterschiede zwischen<br />
den verschiedenen Modellen beobachtet. Während die<br />
Mehrheit der dominanten menschlichen Spenderbakterien<br />
in keimfreien Ratten etabliert wurde, war nur ein Teil<br />
hiervon in keimfreien Mäusen nachweisbar. Insbesondere<br />
Mitglieder der Clostridien des Clusters IV, wichtige Buttersäureproduzenten,<br />
die zur Gesundheit des Darms beitragen,<br />
konnten die Maus nicht besiedeln. Unsere Ergebnisse<br />
zeigen, dass die genetische Ausstattung des Empfängers<br />
die Wirksamkeit und Qualität der Übertragung der menschlichen<br />
Darmfl ora stark beeinfl usst, und klären die Eignung<br />
der Modelle.<br />
Umwelt-Gemeinschaften und neue Stoffwechselwege<br />
Wir haben auch unsere analytischen Werkzeuge zur Analyse<br />
mikrobieller Gemeinschaften in kontaminierten Umwelten<br />
optimiert. Mittels eines neuartigen Genarrays zur<br />
schnellen Überwachung der Vielfalt und Menge an Genen<br />
des Schadstoffabbaus in Kombination mit metagenomischen<br />
Screeningmethoden konnte deren Struktur (auf DNA-<br />
Ebene) und Funktion (durch mRNA-Analyse) zuverlässig<br />
beschrieben werden. Diese kulturunabhängigen Analysen<br />
wurden durch die Aufklärung von neuen Stoffwechselwegen<br />
und neuartigen Enzymen ergänzt.<br />
Scheithauer BK, Wos-Oxley ML, Ferslev B, Jablonowski H, Pieper DH. (2009). Characterization<br />
of the complex bacterial communities colonizing biliary stents reveals a host-dependent<br />
diversity. ISME Journal 3:797-807.<br />
Wos-Oxley M, Plumeier I, von Eiff C, Taudien S, Platzer M, Vilchez-Vargas R, Becker K and<br />
Pieper DH. (<strong>2010</strong>). A poke into the diversity and associations within human anterior nare<br />
microbial communities. ISME Journal 4:839-851.<br />
Brennerova MV, Josefi ova J, Brenner V, Pieper DH, Junca H. (2009). Metagenomics reveals<br />
diversity and abundance of meta-cleavage pathways in microbial communities from soil<br />
highly contaminated with jet fuel under air sparging bioremediation. Environmental<br />
Microbiology <strong>11</strong>:2216-2227.<br />
Vilchez-Vargas R, Junca H, Pieper DH. (<strong>2010</strong>). Metabolic networks, microbial ecology and<br />
‚omics‘ technologies: towards understanding in situ biodegradation processes. Environmental<br />
Microbiology 12:3089-3<strong>11</strong>0.