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Ergebnisbericht 2010/11 - Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung

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74 WISSENSCHAFTLICHER ERGEBNISBERICHT | Infektion und Immunität | Mikrobielle Pathogenese<br />

01.6 Dynamik von Mikrotubuli und bakterielle Pathogenese<br />

PROJEKTLEITER | Prof. Dr. Jürgen Wehland (†) | Abteilung <strong>für</strong> Zellbiologie<br />

PROJEKTMITARBEITER | Dr. Marco van Ham (mvh06@helmholtz-hzi.de) | Dr. Andreas Fischer | Dr. Marcin Ura |<br />

Ramona Baier<br />

Während die Ausnutzung des Aktinsystems durch pathogene<br />

Bakterien bereits detailliert untersucht wurde, ist<br />

derzeit nur wenig über die Rolle des dynamischen Mikrotubulisystems<br />

in der bakteriellen Pathogenität bekannt.<br />

Mikrotubili sind essenziell <strong>für</strong> eine Reihe von Funktionen<br />

eukaryotischer Zellen: Zellteilung, intrazellulärer Transport<br />

von Organellen und Vesikeln und verschiedene Formen<br />

zellulärer Motilität. Während der letzten Jahre haben<br />

wir uns auf die Analyse der Wirkung spezifi scher posttranslationaler<br />

Modifi kationen von Tubulin auf spezifi sche<br />

zelluläre Funktionen konzentriert. Ein einzigartiges Enzym,<br />

die Tubulin-Tyrosin-Ligase (TTL), verantwortlich <strong>für</strong> die<br />

terminale Tyrosinierung von Tubulin, ist dank erheblicher<br />

Beiträge aus diesem Labor nun gut charakterisiert und der<br />

beschriebene Tyrosinierungszyklus in eukaryotischen Zellen<br />

sehr hoch konserviert. Für die Untersuchung der physiologischen<br />

Bedeutung des Tyrosinierungszyklus haben wir<br />

zuletzt TTL-defi ziente Mäuse hergestellt. Die Analyse dieser<br />

TTL-negativen Mäuse ergab eine starke Desorgani sation<br />

der Gehirnstruktur mit einem Verlust von Zellen und der<br />

Kontrolle des gerichteten Wachstums von neuronalen Fortsätzen,<br />

die im Ergebnis zum Tod der Mäuse kurz nach der<br />

Geburt führte. Damit wurde die essenzielle Rolle der TTL<br />

und damit des Tyrosinierungszyklus bewiesen.<br />

TTL-negative Mäuse Konstitutiv TTL-negative Mäuse<br />

wurden durch konventionellen Gen-Knockout hergestellt.<br />

Neugeborene TTL-negative Mäuse waren von ihren Wildtyp-<br />

Ein sich bewegender embryonaler Maus-Fibroblast, immungefärbt<br />

<strong>für</strong> das Mikrotubuli-Netzwerk (rot) und Aktin-reiche<br />

Strukturen im Lamellipodium (grün). Foto: HZI<br />

Wurfgeschwistern äußerlich nicht zu unterscheiden, zeigten<br />

aber gestörte Atmung und Ataxie und starben innerhalb von<br />

24 Stunden nach der Geburt. Die Ursache waren kom plexe<br />

Gehirndefekte, wie Störungen der Balance des Wachstums<br />

bzw. der Differenzierung von Neu ronen und defekte Kontrolle<br />

des Wachstums und der Differenzierung von Axonen. Unsere<br />

Ergebnisse belegen, dass innerhalb der Zelle der Tubulin-<br />

Tyrosinierungszyklus die Wechsel wirkungen von Tubulin<br />

mit Proteinen reguliert, deren CAP-Gly-Domäne das Plus-<br />

Ende von Tubulin bindet. Diese Beobachtung erklärt auch<br />

die Beteiligung der TTL an der Etablierung der Zellpolarität.<br />

Bedingter TTL-Knockout in Mäusen Da der konstitutive<br />

TTL-Knockout zum Tod kurz nach der Geburt führt blieb<br />

unklar, ob das Fehlen der TTL auch andere physiologische<br />

Aktivitäten außerhalb des Gehirns stört und auch erwachsene<br />

Mäuse beeinträchtigt. Um dies untersuchen zu können,<br />

haben wir kürzlich mit dem cre/lox-System bedingte<br />

Knockout-Mäuse hergestellt. Erste Ergebnisse zeigten eine<br />

Zelltyp-spezifi sche Deletion des TTL-Gens, die eine erhöhte<br />

Menge an detyrosiniertem Tubulin verursachte. Derzeit<br />

sind wir dabei, die TTL-negativen Mauslinien zu expandieren,<br />

um den oben beschriebenen Phänotyp der gestörten<br />

Gehirn entwicklung näher zu untersuchen. Darüberhinaus<br />

werden wir den Einfl uss des TTL-Zyklus in verschiedenen<br />

blutbildenden Zelllinien untersuchen.<br />

Aussicht Unser Ziel ist ein detailliertes Verständnis des<br />

Tubulin-Tyrosinierungszyklus. Dies beinhaltet auch die<br />

Aufklärung der Funktion spezifi scher Tubulin-bindender<br />

Proteine (z.B. CLIPs) in der Regulation der Tubulin-Dynamik<br />

auf der Grundlage der TTL-Knockouts. Diese Untersuchungen<br />

werden in vivo und in vitro sowohl anhand der bedingten<br />

TTL-Knockout-Mäuse als auch in Gewebekultur verfolgt, mit<br />

den Schwerpunkten Zelladhäsion und -polarität. Von besonderem<br />

Interesse ist darüber hinaus die zentrale offene Frage<br />

der Zytoskelett-Forschung: wie interagieren Mikrotubuli<br />

mit dem Aktinzytoskelett? Wie funktioniert die Kommunikation<br />

zwischen beiden Zytoskelett-bildenden Systemen?<br />

Ein weiteres besonders wichtiges Thema ist die Frage, wie<br />

bakterielle und virale Krankheitserreger das Mikrotubuli-<br />

System zum eigenen Vorteil ausnutzen können, indem sie<br />

spezifi sche Wirtszell-Signalwege manipulieren. Und wie<br />

beeinfl ussen Krankheitserreger die Wechselwirkungen<br />

zwischen dem Aktin- und dem Tubulinsystem?<br />

Schwan, C., Stecher, B., Tzivelekidis, T., van Ham, M., Rohde, M., Hardt, W.D., Wehland,<br />

J., Aktories, K. (2009) Clostridium diffi cile toxin CDT induces formation of microtubulebased<br />

protrusions and increases adherence of bacteria. PLoS Pathogens 5, e1000626.<br />

Erck, C., Peris, L., Andrieux, A., Meissirel, C., Gruber, A.D., Vernet, M., Schweitzer, A.,<br />

Saoudi, Y., Pointu, H., Bosc, C., Salin, P.A., Job, D., Wehland, J. (2005) A vital role of<br />

tubulin-tyrosine-ligase for neuronal organization. Proceedings of the National Academy<br />

of Sciences USA 102, 7853-7858.

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