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Ergebnisbericht 2010/11 - Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung

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WISSENSCHAFTLICHER ERGEBNISBERICHT | Infektion und Immunität | Mikrobielle Pathogenese 69<br />

01.1 Strukturelle Analyse von Virulenzfaktoren<br />

PROJEKTLEITER | Prof. Dr. Dirk Heinz | Abteilung <strong>für</strong> Molekulare Strukturbiologie | dih@helmholtz-hzi.de<br />

PROJEKTMITARBEITER | Davide Ferraris | Thomas Heidler | Dr. Christian Kambach | Dr. Björn Klink |<br />

Dr. Jörn Krauße | Dr. Anja Menzel | Nick Quade | Dr. Stefan Schmelz | Ulrich Wiesand<br />

Pathogene Bakterien nutzen ein Arsenal an Virulenzfaktoren,<br />

um natürliche Barrieren des Wirtes zu überwinden, Abwehrmechanismen<br />

zu blockieren oder zu umgehen und um Wirtsprozesse<br />

zu ihrem eigenen Vorteil umzuprogrammieren. Da<br />

diese Faktoren meist in der Wirtszelle fehlen, sind sie potenzielle<br />

Zielmoleküle <strong>für</strong> neue Antibiotika. Das Ziel dieses<br />

Projektes ist es, durch Röntgenstrukturanalyse mikrobieller<br />

Virulenzfaktoren im Komplex mit ihren Wirtsrezeptoren ein<br />

möglichst präzises Bild der Pathogen-Wirt-Interaktionen<br />

während des Infektionsprozesses zu gewinnen.<br />

Listeria InlB aktiviert die humane Rezeptor-Tyrosin-<br />

Kinase Met durch Dimerisierung L. monocytogenes ist ein<br />

gefährlicher Lebensmittelkeim, der in Neugeborenen, älteren<br />

Menschen und immungeschwächten Individuen Listeriose<br />

auslösen kann – eine systemische Krankheit mit hoher<br />

Sterblichkeitsrate. Die Fähigkeit des Bakteriums, Wirtszellbarrieren<br />

zu überwinden, hängt essenziell von zwei Invasinen<br />

ab, die an der Oberfl äche des Bakteriums lokalisiert<br />

sind: den Internalinen A und B (InlB). InlB wechselwirkt<br />

dabei mit der Rezeptor-Tyrosin-Kinase Met, dem natürlichen<br />

Rezeptor des Hepatozyten-Wachstumsfaktors (HGF). Aus<br />

der Struktur des InlB/Met Komplexes, die wir im Jahre<br />

2007 aufklären konnten, ging der Mechanismus der Met-<br />

Aktivierung noch nicht zweifelsfrei hervor. In einer zweiten<br />

Kristallform des Komplexes konnten wir ein Met/InlB/InlB/<br />

Met-Dimer identifi zieren, das mit einer Rezeptor-Aktivierung<br />

kompatibel ist. Das InlB-Dimer-Arrangement konnte auch in<br />

verschiedenen InlB-Kristallformen gefunden werden. Durch<br />

Disulfi d-Crosslinking von InlB (Abb. 1) konnten wir kürzlich<br />

die Rolle dieser InlB-Dimerisierung <strong>für</strong> die Met-Aktivierung<br />

bestätigen. Das kovalent verbrückte InlB-Dimer zeigte sogar<br />

eine stärkere Met-Aktivierung als HGF. Im Gegensatz dazu<br />

führte die Schwächung der InlB-Wechselwirkungsoberfl äche<br />

durch Einführung gegenüberliegender, positiver Ladungen<br />

zu einer vollständigen Inaktivierung des Rezeptors.<br />

Abb. 1. Struktur vom InlB Dimer (blau), das durch zwei Disulfi<br />

dbrücken kovalent verbunden ist (gelbe Verbindung in einem<br />

Feld hoher Elektronendichte (graues Netz)).<br />

Eine neue Klasse bakterieller Guanin-Austausch-<br />

Faktoren <strong>für</strong> humane GTPasen Die Dynamik des Aktin-<br />

Zytoskeletts ist essenziell <strong>für</strong> Zellteilung, Motilität oder<br />

interzelluläre Kommunikation. Sie ist strikt über zahlreiche<br />

Signaltransduktionswege reguliert, an denen Hunderte<br />

verschiedener Aktin-bindender Proteine beteiligt sind. Die<br />

meisten Signaltransduktionswege konvergieren auf kleinen<br />

GTPasen der Rho-Familie, die als molekulare Schalter<br />

verschiedene Aktin-Filament-Strukturen induzieren. Rho<br />

GTPasen sind wichtige Ziele von Pathogenen, welche die Signaltransduktionswege<br />

über Virulenzfaktoren beeinfl ussen,<br />

die wiederum die Wirkung Rho-interagierender Proteine<br />

simulieren. Shigella fl exneri IpgB1 und IpgB2 sowie Map<br />

aus pathogenen E. coli sind prototypische Mitglieder einer<br />

faszinierenden neuen Familie bakterieller Effektoren, die<br />

ursprünglich als GTPase-Nachahmer klassifi ziert wurden.<br />

Sie induzieren Filopodien (Map) oder Lamellipodien und<br />

Stressfasern, was <strong>für</strong> IpgB1 und IpgB2 jeweils Rac1 bzw.<br />

RhoA-Aktivität anzeigt. Wir haben die Kristallstrukturen<br />

von IpgB2 und seines Komplexes mit humanem RhoA gelöst<br />

(Abb. 2). Sie belegen, dass IpgB2 ein Aktivator (Guaninnukleotidaustauschfaktor,<br />

GEF) und kein Nachahmer von<br />

RhoA ist. Strukturen des Komplexes in verschiedenen<br />

Nukleotid-gebundenen Zuständen enthüllten den molekularen<br />

Mechanismus der GDP-Dissoziation, der Grundvoraussetzung<br />

<strong>für</strong> die nachfolgende GTP-Bindung an RhoA.<br />

Abb. 2. Struktur des Komplexes zwischen IpgB2 (blau) und<br />

RhoA (braun). GDP ist orange gefärbt und das GDP-koordinierende<br />

Mg 2+ -Ion als gelbe Kugel dargestellt. Die Switch<br />

(Schalter)-I- Region von RhoA ist als gelber Loop (Schleife)<br />

und die Switch-II-Region als grüner Loop dargestellt. Der<br />

„katalytische Loop“ von IpgB2 ist rot.<br />

Ferraris, D. M., Gherardi, E., Di, Y., Heinz, D. W. & Niemann, H. N. (<strong>2010</strong>). Ligand-mediated<br />

dimerization of the Met receptor tyrosine kinase by the bacterial invasion protein<br />

InlB. Journal of Molecular Biology 395, 522-532.<br />

Klink, B. U., Barden, S., Heidler, T. V., Borchers, C., Ladwein, M., Stradal, T. E., Rottner,<br />

K. & Heinz, D. W. (<strong>2010</strong>). Structure of Shigella IpgB2 in complex with human RhoA: Implications<br />

for the mechanism of bacterial GEF-mimicry. Journal of Biological Chemistry<br />

285, 17197-17208.

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