Ergebnisbericht 2010/11 - Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung
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WISSENSCHAFTLICHER ERGEBNISBERICHT | Infektion und Immunität | Wirt-Pathogen-Interaktionen<br />
02.5 Die strukturelle Basis von Übertragungsbarrieren<br />
<strong>für</strong> Säugetierprionen<br />
PROJEKTLEITER | Dr. Thorsten Lührs | Nachwuchsgruppe Strukturbasierte Infektionsbiologie |<br />
tlu07@helmholtz-hzi.de<br />
PROJEKTMITARBEITER | Dr. Felix Deluweit | Dr. Vandana Gupta<br />
Das Protein des Säugetierprions, PrP C , kann seine Konformation<br />
von einem monomeren, löslichen in einen aggregierten,<br />
übertragbaren Prionenzustand, PrP Sc , ändern. Sobald ein<br />
Prion in einen suszeptiblen Wirt eingedrungen ist, löst es<br />
eine zu einer Prionenerkrankung führende PrP-Konversionskaskade<br />
aus (Abb. 1A). Es wurde beobachtet, dass Interspezies-Übertragungsbarrieren<br />
mit der Aminosäuresequenz des<br />
PrP korrelieren. Andererseits wurden multiple Prionenstämme<br />
derselben PrP-Aminosäuresequenz identifi ziert, die bei<br />
der Wirtsspezies charakteristische Erkrankungen hervorrufen.<br />
Wir untersuchen die 3D-Strukturen der Prionen, um die<br />
Übertragungsbarriere zwischen Mäusen und Hamstern auf<br />
atomarer Ebene und die strukturelle Basis der Prionenstämme<br />
in Bezug auf den Prionenwirtsbereich zu verstehen. Dazu<br />
haben wir eine neuartige Methode entwickelt, um spezifi<br />
sche aggregierte Prion-Konformationen in vitro herzustellen.<br />
Wir verwenden eine Kombination aus solution-NMR, solid-<br />
Abb. 1. Fortschritt bei der Prion in vitro-Amplifi kation. (A)<br />
Das gutartige zelluläre Prionprotein, PrP C , ist ein häufi g<br />
vorkommendes Säugetierprotein, das allerdings auch einer<br />
Konformationsänderung und -aggregation zu einem infektiösen<br />
Prion unterliegen kann, PrP Sc . (B) Wir haben eine neue<br />
Methode entwickelt, die spezifi sche Scherkräfte (links) <strong>für</strong><br />
eine effi ziente in vitro-Amplifi kation von Prionen benutzt.<br />
Ein Gerät, der Shear Induced Fragmentation /Aggregation<br />
(ShIF/A) Array, ist von unserer Arbeitsgruppe zur effi zienten<br />
Optimierung von vielen parallelen Konvertierungsreaktionen<br />
entwickelt worden. (C) Mittels ShIF/A können wir rekombinante<br />
PrP C in Proteinase K-resistente PrP Sc -Aggregate konvertieren,<br />
wenn wir natürliche Hamster Sc237-Prionen als Kerne<br />
benutzen (oben). In Reaktionen ohne entsprechende Kerne<br />
wird keine Proteinase K Resistenz beobachten (unten). Für<br />
eine optimale Prion-Amplifi kation muss die Rotationsfrequenz<br />
des Rotors innerhalb enger Grenzen kontrolliert werden.<br />
state-NMR und anderen biophysikalischen und chemischen<br />
Verfahren, um strukturelle Aussagen über Prionaggregate zu<br />
erhalten.<br />
Übertragungsbarrieren Zwischen den verschiedenen<br />
Säugetierspezies besteht in der Regel eine Speziesbarriere:<br />
Mäuse entwickeln keine Prionenkrankheit, wenn sie Hamsterprionen<br />
ausgesetzt sind. Transgene Mäuse, die zusätzlich<br />
Hamster-PrP exprimieren, können mit Hamsterprionen<br />
infi ziert werden und bauen dann das Hamster-PrP selektiv in<br />
die Prionenpartikel ein. Die ausschließliche Expression von<br />
chimärem Maus-/Hamster-PrP, mit der Bezeichnung MH2M,<br />
macht Mäuse sowohl Hamsterprionen als auch Mausprionen<br />
gegenüber suszeptibel. Die dabei entstehenden Prionen übertragen<br />
die Krankheit sowohl auf Wildtyp-Hamster als auch<br />
auf Wildtyp-Mäuse. Somit ist die Speziesbarriere teilweise<br />
durch die primäre Aminosäuresequenz des Prionproteins<br />
bestimmt, wobei die Substitution von nur wenigen Aminosäureresten<br />
die Prionenübertragungsmuster vollständig verändern<br />
kann. Dieses Konzept hat eine große Bedeutung, da<br />
ein kausaler Zusammenhang zwischen der beim Menschen<br />
vorkommenden Variante der Creutzfeld-Jacob-Krankheit und<br />
dem Kontakt mit BSE-Prionen von Rindern besteht.<br />
Probenaufbereitung von Prionen und Strukturanalyse<br />
Ein wichtiges Verfahren ist die Konversion von mit Isotopen<br />
markiertem ( 2 H, 13 C und 15 N) rekombinantem PrP in PrP Sc .<br />
Für eine homogene Partikelvorbehandlung haben wir <strong>2010</strong><br />
ein neuartiges Verfahren entwickelt (Abb. 1B/C), und zur<br />
weiteren Reinigung und Charakterisierung verwenden wir<br />
die asymmetrische Fluss-Feld-Fluss-Fraktionierung (AF4).<br />
Mit diesem chromatographieähnlichen Verfahren kann man<br />
Partikel nach ihrer Größe trennen, ohne dass eine stationäre<br />
Matrix benötigt wird. Gleichzeitig werden die absoluten<br />
hydrodynamischen Eigenschaften der einzelnen Partikelfraktionen<br />
durch eine vielwinklige und dynamische Lichtstreuung<br />
bestimmt. Dieses Verfahren kommt auch zur Charakterisierung<br />
des Oligomerisationszustandes anderer Proteine<br />
routinemäßig zum Einsatz.<br />
Basisverfahren zur Proteinstrukturbestimmung sind die<br />
NMR-Spektroskopie von Lösungen und Feststoffen, aber<br />
auch andere biophysikalische Verfahren wie Fluoreszenz-,<br />
FTIR- und CD-Spektroskopie. Der Vorteil ist, dass diese Methode<br />
gegenüber geringen strukturellen Unregelmäßigkeiten<br />
der untersuchten Proteinansammlungen unempfi ndlich ist.<br />
So ist es möglich, zu einer “Konsensusstruktur” zu gelangen,<br />
die wichtige strukturelle Einblicke liefert.