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Ergebnisbericht 2010/11 - Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung

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<strong>11</strong>6 WISSENSCHAFTLICHER ERGEBNISBERICHT | Infektion und Immunität | Neue Projektgruppen<br />

02 System-Immunologie<br />

PROJEKTLEITER | Prof. Dr. Michael Meyer-Hermann | Abteilung <strong>für</strong> System-Immunologie | mmh10@helmholtz-hzi.de<br />

PROJEKTMITARBEITER | Dr. Marc Thilo Figge | Dr. Valerii Sukhorukov | Dr. Arndt Telschow | Sebastian Binder |<br />

Jaber Dehghany | Harald Kempf<br />

System-Immunologie Was ist System-Biologie und wo<strong>für</strong><br />

brauchen wir sie? Es ist nicht möglich die Funktionalität<br />

eines Systems aus der bloßen Kenntnis seiner Konstituenten<br />

her zu leiten, die wir aus den „omics“-Ansätzen kennen. Die<br />

entscheidende Frage ist, wie diese Konstituenten miteinander<br />

wechselwirken und wie sie zusammen ein funktionales<br />

Konzept wie einen Organismus entstehen lassen. Der<br />

Schlüssel liegt in der Dynamik des betrachteten Systems.<br />

System-Immunologie ist die Wissenschaft, in der mathematische<br />

Modelle von der Dynamik von komplexen Systemen im<br />

Bereich Gesundheit entwickelt werden. Die Zukunft der Forschung<br />

in der Biologie wird auf einer iterativen Diskussion<br />

zwischen Theorie und Experiment fußen, die uns die Physik<br />

bereits erfolgreich vorgelebt hat.<br />

Methodik Da die Kenntnis der Konstituenten eines biologischen<br />

Systems allein seine Mechanismen und Funktionsweise<br />

nicht zu verstehen erlaubt, müssen wir von phänomenologischen<br />

Beschreibungen des Gesamtsystems starten. Diese<br />

sollten so einfach wie möglich und so komplex wie nötig<br />

sein, um den Vergleich mit aktuellen experimentellen Daten<br />

zu ermöglichen. In einem iterativen Optimierungsprozess<br />

werden die Modellannahmen so lange evolviert bis das in silico-<br />

und das in vivo-System das gleiche Verhalten aufweisen.<br />

Weichen Theorie und Experiment voneinander ab, wird die<br />

System-Immunologie <strong>für</strong> die Forschung fruchtbar: Entweder<br />

muss das Modell erweitert oder vorhandene Annahmen neu<br />

überdacht werden. In beiden Fällen wird das Wissen über<br />

die Funktionsweise des biologischen Systems verbessert.<br />

Der Vorteil dieses phänomenologischen Ansatzes ist, dass<br />

die jeweils erreichte mathematische Beschreibung immer die<br />

Funktionalität des beschriebenen Systems garantiert. Das<br />

ultimative Ziel dieses Ansatzes ist es, auf der Basis eines<br />

zunehmend komplexen Modells des biologischen Systems<br />

(i) neue Experimente vorzuschlagen, die über spezifi sche<br />

Fragen Aufschluss geben, (ii) Ergebnisse von Experimenten<br />

vorherzusagen, um das derzeitige Wissens zu überprüfen<br />

und (iii) optimierte Behandlungsstrategien in deregulierten<br />

Systemen vorherzusagen.<br />

Beispiel Entwicklung spezifi scher Antikörper Das<br />

Immunsystem beinhaltet eine spezifi sche Umgebung, das<br />

Keimzentrum (GC), in dem B Zellen (BC) zum Mutieren des<br />

Antikörpers angeregt werden. Anschließend durchlaufen die<br />

mutierten BC einen Selektionsprozess, um dann die neuen<br />

hochaffi nen Antikörper zu produzieren oder das Immungedächtnis<br />

aufzubauen.<br />

Man war der Überzeugung, dass die begrenzte Verfügbarkeit<br />

von Antigen die Selektion kontrolliert. Wir haben ein mathematisches<br />

Modell <strong>für</strong> die Dynamik der GC entwickelt und<br />

vorhergesagt, dass nicht das Antigen sondern eine affi nitäts-<br />

abhängige TC-Hilfe limitierend sein muss [1]. Diese Vorhersage<br />

wurde in einer Reihe von Experimenten nachgewiesen<br />

[2] und damit ein neues Modell der GC Reaktion induziert.<br />

Auch Toll-like-Rezeptor-4 (TLR4) beeinfl usst die Entwicklung<br />

von GC. Wir haben in silico getestet, wie sich eine Störung<br />

des TLR4 auf die GC Dynamik auswirkt, und vorhergesagt,<br />

dass die Mutationsrate von TLR4 reduziert werden muss.<br />

Diese Vorhersage wurde experimentell bestätigt [3].<br />

Ausrichtung Die neue Abteilung System-Immunologie<br />

am HZI wird sich, neben der Fortführung von etablierten<br />

Forschungsthemen wie der adaptiven Immunantwort und<br />

Diabetes, mit der Modellierung von dynamischen Systemen<br />

im Bereich der Infektions- und Entzündungsforschung und<br />

der Etablierung von neuen Kollaborationen beschäftigen.<br />

In silico-Agenten-basierte Simulation einer Keimzentrumsreaktion.<br />

Ein 20 microns dicker Schnitt durch ein Keimzentrum<br />

am Tag 5 nach eingesetzter Proliferation. Jedes Objekt<br />

repräsentiert eine Zelle: Sich teilende und mutierende BC<br />

(blau), nicht-teilende Ig-exprimierende BC (dunkelgrün), BC<br />

mit positiven Signalen von FDC (hellgrün), Plasmazellen<br />

(weiß), T follikuläre Hilfszellen (rot), FDC (gelb) wobei die<br />

Dendriten nicht gezeigt sind. Alle Zellen wechselwirken nach<br />

Regeln, die dem heutigen Kenntnisstand entsprechen, und<br />

bewegen sich in Antwort auf Chemokine (nicht gezeigt) und<br />

in Übereinstimmung mit den Resultaten von neuen 2-Photon-<br />

intravital Experimenten. Zuvor publiziert in [4].<br />

[1] Meyer-Hermann, M., Figge, M.T., & Toellner, K.M. (2009) Trends in Immunology 30, 157-164.<br />

[2] Victora, G.D., Schwickert, T.A., Fooksman, D.R., Meyer-Hermann, M., Dustin, M.L., &<br />

Nussenzweig, M.C. (<strong>2010</strong>) Cell 143, 592-605.<br />

[3] Garin1, A., Meyer-Hermann1, M., Contie, M., Figge, M.T., Buatois, V., Gunzer, M., Toellner,<br />

K.-M., Elson, G., & Kosco-Vilbois, M.H. (<strong>2010</strong>) Immunity 33, 84-95. 1: shared fi rst author.<br />

[4] Figge, M.T., Garin, A., Gunzer, M., Kosco-Vilbois, M., Toellner, K.-M., & Meyer-Hermann,<br />

M. (2008). Journal of Experimental Medicine 205, 3019-3029.

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