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Ergebnisbericht 2010/11 - Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung

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WISSENSCHAFTLICHER ERGEBNISBERICHT | Infektion und Immunität | Wirt-Pathogen-Interaktionen<br />

02.3 Mikrobielle Kommunikation<br />

PROJEKTLEITER | Prof. Dr. Irene Wagner-Döbler | Arbeitsgruppe Mikrobielle Kommunikation | iwd@helmholtz-hzi.de<br />

PROJEKTMITARBEITER | Dr. Helena Sztajer | Dr. Brigitte Kunze | Dr. Michael Reck | Andre Lemme | Xiaoli Xue |<br />

Ina Buchholz | Jürgen Tomasch | Thomas Riedel | Diana Patzelt | Szymon Safranski | Hui Wang<br />

Bakterien synthetisieren Signalmoleküle, sogenannte Auto -<br />

inducer, die ins Medium ausgeschieden werden und wichtige<br />

physiologische Eigenschaften in Abhängigkeit von ihrer<br />

Konzentration regulieren. Diese wird von speziellen Rezeptoren<br />

in der Membran oder im Zellinneren „gemessen“.<br />

Oberhalb eines Grenzwertes, dem sogenannten Quorum,<br />

induzieren die Signalmoleküle zum Beispiel die genetische<br />

Kompetenz bei dem Kariesbakterium Streptococcus mutans,<br />

was zu verstärktem genetischen Austausch und Biofi lmbildung<br />

führt. Diese Art der Kommunikation zwischen<br />

Bakterienzellen heißt daher Quorum Sensing und spielt<br />

eine zentrale Rolle bei Infektionen und Symbiosen. Das<br />

Verständnis der Mechanismen des Quorum Sensing eröffnet<br />

neue Möglichkeiten, Infektionen zu beeinfl ussen und potenzielle<br />

Alternativen <strong>für</strong> Antibiotika zu entwickeln.<br />

Interkingdom signalling: Das Kariesbakterium Streptococcus<br />

mutans hemmt die Hyphenbildung des humanpathogenen<br />

Pilzes Candida albicans Streptococcus mutans ist<br />

ein Bestandteil der polymikrobiellen Biofi lme auf Zähnen<br />

und stark mit der Bildung von Karies assoziiert. Neben hunderten<br />

von anderen Bakterienarten kommen in der Mund -<br />

höhle auch Pilze vor, z.B. der humanpathogene Pilz Candida<br />

albicans, der bei immungeschwächten Patienten, nach<br />

Antibiotikatherapien oder im Alter zu unangenehmen Pilzinfektionen<br />

führen kann. Bei Untersuchungen an Signal-<br />

Dinoroseobacter shibae auf seiner Wirtsalge, dem marinen<br />

Dinofl agellaten Prorocentrum lima. Die Bakterien sind<br />

durch CARD-FISH (catalyzed reporter deposition fl uorescent<br />

in situ hybridisation) spezifi sch angefärbt. Die restliche<br />

Bakterienfl ora ist unter diesen Bedingungen unsichtbar. Der<br />

orange Punkt ist das sogenannte Pyrenoid, eine Region des<br />

Plastiden, die besonders hohe Konzentrationen des Enzyms<br />

Rubisco enthält. Foto: HZI<br />

molekülen von S. mutans sind wir auf eine fettsäureähnliche<br />

Verbindung gestoßen, SDSF (Streptococcus diffusible signal<br />

factor). Sie unterdrückt die Bildung von Hyphen von C.<br />

albicans, die <strong>für</strong> die Virulenz und die Biofi lmbildung sehr<br />

wichtig sind. SDSF hat starke strukturelle Ähnlichkeit zu<br />

Farnesol, dem Quorum Sensing Signal von C. albicans, so<br />

dass es sich hier um eine Art Quorum Sensing Mimikry<br />

über große phylogenetische Distanz, d.h. zwischen dem<br />

Reich der Bakterien und dem Reich der Pilze, handelt.<br />

Suche nach Inhibitoren <strong>für</strong> Biofi lmbildung Wir haben kleine<br />

chemische Moleküle identifi ziert, mit denen die mikrobielle<br />

Kommunikation gestört werden kann. Besonders interessant<br />

ist Carolacton, das von dem Bodenbakterium Sorangium<br />

cellulosum gebildet wird, da es nicht antibiotisch oder<br />

zytotoxisch wirkt, sondern selektiv die Biofi lmbildung<br />

bei Streptotoccus mutans hemmt. Carolacton führt zu<br />

Membranschädigung und Zelltod und stört dadurch die<br />

Biofi lmentwicklung. Untersuchungen mittels Microarray<br />

lassen vermuten, dass durch Carolacton mehrere der Zweikomponentensysteme,<br />

die in S. mutans die Anpassung an<br />

Umweltbedingungen und das Quorum Sensing steuern, gehemmt<br />

werden. Mechanismus und mögliche Anwendungen<br />

von Carolacton <strong>für</strong> die Kariesprophylaxe werden derzeit in<br />

einem systembiologischen Verbundprojekt untersucht.<br />

Quorum Sensing bei Roseobacter Die Bakterien der Roseobacter<br />

Gruppe spielen eine große Rolle <strong>für</strong> die Stoffkreisläufe<br />

im Meer, da sie dort bis zu 25% aller Bakterienzellen<br />

ausmachen können. Dinoroseobacter shibae, einer der<br />

beiden Modellorganismen im Transregio Roseobacter, lebt<br />

in Symbiose mit einzelligen, marinen Algen. D. shibae<br />

versorgt die Algen mit den lebenswichtigen Vitaminen B12<br />

(Cobalamin) und B1 (Thiamin) und bekommt da<strong>für</strong> Zucker<br />

<strong>für</strong> seinen heterotrophen Stoffwechsel. Wir untersuchen<br />

derzeit die Rolle von Quorum Sensing <strong>für</strong> diese Symbiose<br />

sowie die Bedeutung der Photosynthese <strong>für</strong> den Stoffwechsel<br />

des Bakteriums, das im Licht durch Photophosphorylierung<br />

ATP gewinnt, weniger Kohlenstoff verbrennen muss und<br />

damit CO 2 „spart“.<br />

Xue, X., Tomasch, J., Sztajer, H., and I. Wagner-Döbler (<strong>2010</strong>). The delta subunit of RNA<br />

polymerase, RpoE, is a global modulator of Streptococcus mutans environmental adaptation.<br />

Journal of Bacteriology. 192:5081-92.<br />

Kunze B, Reck M, Dötsch A, Lemme A, Schummer D, Irschik H, Steinmetz H, Wagner-Döbler<br />

I. (<strong>2010</strong>) Damage of Streptococcus mutans biofi lms by carolacton, a secondary metabolite<br />

from the myxobacterium Sorangium cellulosum. BMC Microbiology. 10:199.<br />

Wagner-Döbler, I., Ballhausen B, Baumgart M, Brinkhoff T, Buchholz I, Bunk B, Cypionka<br />

H, Daniel R, Drepper T, Gerdts G, Hahnke S, Han C, Jahn D, Kalhoefer D, Kiss H, Klenk H-P,<br />

Kyrpides N, Liebl W, Liesegang H, Meincke L, Pati A, Petersen J, Piekarski T, Pommerenke<br />

C, Pradella S, Pukall R, Rabus R, Stackebrandt E, Thole S, Thompson L, Tielen P, Tomasch<br />

J, von Jan M, Wanphrut N, Wichels A, Zech H, Simon M. (<strong>2010</strong>) The complete genome<br />

sequence of the algal symbiont Dinoroseobacter shibae – a hitchhiker´s guide to life in the<br />

sea. ISME Journal. 4(1):61-77.

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