Ergebnisbericht 2010/11 - Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung
Ergebnisbericht 2010/11 - Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung
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124 WISSENSCHAFTLICHER ERGEBNISBERICHT | PoFII – unabhängige Forschung<br />
03 Strukturanalyse des angeborenen Immunsystems<br />
PROJEKTLEITER | Prof. Dr. Wolf-Dieter Schubert | ehemalige Arbeitsgruppe Molekulare Wirt-Pathogen-<br />
Interaktionen | jetzt: Department of Biotechnology, University of the Western Cape, Cape Town, South Africa |<br />
wschubert@uwc.ac.za<br />
PROJEKTMITARBEITER | Nils Kuklik | Clive Mketsu | Mujaahida Mohammed | Edukondalu Mullapudi | Lilia Polle<br />
| Donné Simpson | Jason Stark<br />
In der Arbeitsgruppe „Molekulare Wirt-Pathogen Interaktionen“<br />
(MHPI) befassten wir uns mit den molekularen Details<br />
menschlicher Abwehrmechanismen gegen eindringende<br />
Pathogene (angeborene Immunität) und den molekularen<br />
Strategien der pathogenen Mikroorganismen, die Menschen<br />
infi zieren.<br />
Die Virulenzfaktoren InlJ und Auto aus Listeria monocytogenes<br />
Das Bakterium L. monocytogenes kann Menschen<br />
nach dem Verzehr kontaminierter Lebensmittel infi zieren.<br />
Für die Überwindung der Darmschranke, wie auch <strong>für</strong> alle<br />
folgenden Schritte des Infektionszyklus, besitzt L. monocytogenes<br />
hochspezifi sche Proteine, die es präzise koordiniert<br />
produziert und sezerniert. Um die Funktionsweise einiger<br />
<strong>für</strong> die Infektion wichtigen Faktoren auf submolekularer<br />
Ebene zu erläutern, haben wir den Zusammenhang zwischen<br />
Raumstruktur und physiologischer Funktion untersucht.<br />
„Auto“ Die bakterielle Zellwand der grampositiven Bakterien<br />
ist eine komplexe äußere Hülle, die Zellen ihre Form verleiht<br />
und dem Innendruck des Zytosols entgegenwirkt. Sie besteht<br />
aus langen, unverzweigten Ketten alternierender Zuckerreste<br />
(N-Acetylglucosamin und N-Acetylmuraminsäure), die durch<br />
kurze Peptide quervernetzt werden. Zellwachstum, Zellteilung<br />
und zahlreiche weitere Prozesse erfordern jedoch einen<br />
ständigen Umbau der Zellwand. An diesem Prozess beteiligte<br />
Enzyme werden als Autolysine bezeichnet.<br />
Untersuchungen ergaben, dass lediglich ein Autolysin an der<br />
Pathogenese von Listeria monocytogenes beteiligt ist. Dieses<br />
Autolysin, als „Auto“ bekannt, wird <strong>für</strong> die Invasion in zahlreiche<br />
eukaryotischen Zelllinien benötigt.<br />
Links: Kristallstruktur des Autolysins Auto aus L. monocytogenes<br />
als Schleifenmodell mit transparenter Oberfl äche. Das<br />
aktive <strong>Zentrum</strong> des Pro-Enzyms wird durch eine N-terminale<br />
α-Helix (rot) blockiert. Rechts: Kristallstruktur des InlJ (rechts)<br />
mit hervorgehobener Cysteinleiter aus reduzierten Cysteinen<br />
im hydrophoben Kern (links, Schwefel - gelb). Grafi ken: HZI<br />
Auto ist eine N-Acetylglucosaminidase, die das Zuckerrückgrat<br />
der Zellwand spaltet, indem es die Verknüpfung<br />
zwischen Zuckereinheiten hydrolysiert. Die Raumstruktur<br />
von Auto zeigt, dass es die Grundstruktur der lytischen<br />
Transglycosylasen und einiger Lysozyme teilt, obgleich sie<br />
unabhängige chemische Reaktionen katalysieren. Durch den<br />
gezielten Austausch einzelner Aminosäuren konnten wir die<br />
Glutamate Glu122 und Glu156 als katalytisch aktive Aminosäuren<br />
identifi zieren. Zudem wird das native Auto durch<br />
eine eigene N-terminale α-Helix inhibiert. Die spezifi sche<br />
N-terminale Spaltung von Auto durch eine noch unbekannte<br />
Protease als Folge eines (extrazellulären) Signals, würde daher<br />
eine rasche und koordinierte Aktivierung dieses Enzyms<br />
erlauben. Darüber hinaus besitzt Auto ein überaus saures<br />
pH-Optimum von 4, wobei es bei einem pH von 7 weitgehend<br />
inaktiv ist. Das legt nahe, dass Auto an der koordinierten<br />
Befreiung des Erregers aus dem angesäuerten Phagolysosom<br />
beteiligt ist. Durch seine Aktivierung und die poröse<br />
Zellwand ermöglicht es die Freisetzung weiterer Virulenzfaktoren<br />
wie Listeriolysin. Deren Aktivität wiederum würde die<br />
phagolysosomale Membran zerstören, wodurch der pH auf<br />
physiologische Werte ansteigt und Auto inaktiviert würde.<br />
InlJ Eine Untergruppe der listeriellen Virulenzfaktoren sind<br />
die Internaline. Wie der Name bereits impliziert, ist Internalin<br />
bzw. InlA <strong>für</strong> die erzwungene Aufnahme des Bakteriums<br />
in Epithelzellen des menschlichen Dünndarms ausschlaggebend.<br />
Erst kürzlich wurde InlJ als weiteres Mitglied dieser<br />
Familie identifi ziert. InlJ vermittelt die Adhäsion des Bakteriums<br />
an die Wirtszelloberfl äche. InlJ unterscheidet sich von<br />
anderen Familienmitgliedern, durch die Verringerung seiner<br />
16 LRR-Einheiten von 22 auf 21 Aminosäuren. Außerdem ist<br />
häufi g eine die LRR-Einheit defi nierende hydrophobe Aminosäure<br />
durch ein Cystein ersetzt. Die Kristall struktur dieses<br />
Proteins zeigt, dass diese Cysteine linear angeordnet eine Leiter<br />
ausbilden. Hier liegt eine Anomalie vor: ein extrazelluläres<br />
(oxidierendes Milieu) Protein enthält eine große Anzahl redu -<br />
zierter Cysteinreste. Dies wiederum impliziert, dass die Cysteine<br />
eine deutliche Stabilisierung der Struktur bewirken müssen,<br />
die ein Entfalten und die Oxidation der Cysteine verhindert.<br />
Bröcker, M.J., Schomburg, S., Heinz, D.W., Jahn, D., Schubert, W.-D., & Moser, J (<strong>2010</strong>)<br />
Crystal structure of the nitrogenase-like dark operative protochlorophyllide oxidoreductase<br />
catalytic complex (ChlN/ChlB)2. Journal of Biological Chemistry 285, 27336-27345.<br />
Heinemann, I.U., Schulz, C., Schubert, W.-D., Heinz, D.W., Wang, Y.G., Kobayashi, Y.,<br />
Awa, Y., Wachi, M., Jahn, D., & Jahn, M. (<strong>2010</strong>) Structure of the heme biosynthetic<br />
Pseudomonas aeruginosa porphobilinogen synthase in complex with the antibiotic<br />
alaremycin. Antimicrobial Agents and Chemotherapy 54, 267-272.<br />
Bublitz, M., Polle, L., Holland, C., Heinz, D.W., Nimtz, M., & Schubert, W.-D. (2009)<br />
Structural basis for autoinhibition and activation of Auto, a virulence-associated peptidoglycan<br />
hydrolase of L. monocytogenes. Molecular Microbiology 71, 1509–1522.