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Ergebnisbericht 2010/11 - Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung

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BERICHTE AUS DER FORSCHUNG | Die Alterung des Immunsystems: Probleme und Perspektiven<br />

Abb. 1. Die männliche (blau) und die weibliche (rot) Altersstruktur<br />

der Bevölkerung eines Landes konnte traditionell in<br />

Form einer Pyramide wiedergegeben werden, in der die Mehr -<br />

heit der Bevölkerung zu den jungen Jahrgängen gehörte. Für<br />

Deutschland ist dies aufgrund von Veränderungen der Altersstruktur<br />

heute nicht mehr möglich, die Verteilung hat die Form<br />

eines Pilzes angenommen. Falls sich dieser Trend fortsetzt, wird<br />

in 25 Jahren die Zahl der 65-75-Jährigen die größte Gruppe in<br />

der Altersstruktur der Bevölkerung ausmachen. Grafi k: HZI<br />

nach, ein treffenderweise als “Infl ammaging” bezeichneter<br />

Prozess (Franceschi und Bonafè, 2003). Allerdings ist unklar,<br />

ob diese verstärkte Aktivität auf die Kompensation einer<br />

immer schwächer werdenden Funktion des adaptiven Immunsystems<br />

oder auf eine intrinsische Erhöhung der Aktivität<br />

des angeborenen Immunsystems zurückzuführen ist.<br />

Andererseits besteht Einigkeit darüber, dass der adaptive<br />

Bereich des Immunsystems durch den Alterungsprozess negativ<br />

beeinfl usst wird. Das betrifft insbesondere die Immunantwort<br />

auf Infektionen bei Menschen im fortgeschrittenen<br />

Alter (Nikolich-Zugich und Rudd, <strong>2010</strong>). Im Gegensatz dazu<br />

bleibt jedoch das Vermögen, sich an Pathogene und Impfstoffe<br />

zu erinnern, das bei jüngeren Organismen vorhan den<br />

ist, auch im fortgeschrittenen Alter weitgehend erhalten<br />

(Ammana et al., 2007). Daraus lässt sich schlussfolgern, dass<br />

die klonal diversifi zierten, jungen Lymphozyten stärker als<br />

die klonal begrenzten Gedächtniszellen durch den Alterungs-<br />

Abb. 2. Verlust natürlicher zytotoxischer T-Lymphozyten in<br />

älteren Personen (modifi ziert nach Cicin-Sain et al,<br />

PNAS 2007). Die Population natürlicher Lymphozyten,<br />

charakterisiert durch einen niedrigen CD95- und einen hohen<br />

CD28-Wert, ist in jungen erwachsenen Rhesusaffen stets groß,<br />

nimmt aber mit zunehmendem Alter ab. Daraus resultiert ein<br />

relatives Anwachsen von Gedächtniszellsubtypen. Grafi k: HZI<br />

prozess beeinträchtigt werden. Damit ist der Verlust der<br />

klonalen Vielfalt im Bestand der Lymphozyten eine typische<br />

Änderung, die in engem Zusammenhang mit der Immunoseneszenz<br />

steht.<br />

Die Ursachen der Immunoseneszenz sind vielfältig und noch<br />

nicht vollständig erforscht. Zu den bisher geklärten Faktoren<br />

der Immunalterung gehören die Rückbildung der Thymuszellen,<br />

der sich daraus ergebende Verlust an neu gebildeten<br />

jungen T-Zellen (Abbildung 2) sowie der metabolische –<br />

insbesondere der oxidative – Stress (Altmeyer und Hottiger,<br />

2009). Bisher wenig erforscht ist die Frage, ob entzündliche<br />

Zustände die Immunalterung beschleunigen oder lediglich<br />

eine Folge der Immunoseneszenz darstellen. Und es konnte<br />

bisher noch nicht geklärt werden, welche Rolle chronische<br />

Infektionen bei der Immunoseneszenz spielen (Virgin et al.,<br />

2009), ob längere Infektionen zur Immunalterung beitragen<br />

oder ob die Immunoseneszenz an sich chronische Infektionen<br />

bedingt. Antworten auf diese Fragen könnten durch<br />

experimentelle Modellierungen von Immunprozessen bei<br />

alternden Tieren geklärt gefunden werden.<br />

Die Immunoseneszenz hat eine ganze Reihe klinischer<br />

Folgen. Bei älteren Menschen besteht eine deutlich erhöhte<br />

Suszeptibilität gegenüber Infektionen, die durch junge<br />

Lymphozytenpopulationen gesteuert werden, wie z.B. neue<br />

Grippeviren, Infektionen durch das West-Nil-Virus oder<br />

Pneumokokkeninfektionen. Dieses Problem wird dadurch<br />

verschärft, dass junge Zellpopulationen keinen entsprechenden<br />

Schutz bei der Impfung älterer Menschen aufbauen.<br />

Andererseits sind ältere Menschen auch anfälliger gegenüber<br />

einer Reihe von weiteren Erkrankungen, insbesondere<br />

gegenüber chronischen Entzündungsprozessen, wozu auch<br />

Arthritis, entzündliche Darmerkrankungen, Arteriosklerose<br />

oder Erkrankungen mit einer ausgeprägten entzündlichen<br />

Komponente wie Diabetes oder Alzheimer gehören. Unsere<br />

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