Falstaff Magazin Deutschland 04/2021

wein / GOLDENER WAGEN
Der westliche Teil des
Goldenen Wagens, rechts oben
im Bild der Bismarckturm und
darunter die 88 Höhenmeter
überwindende Spitzhaustreppe.
K
urfürst Johann Georg I. von
Sachsen (1585-1656) soll gerne
gebechert haben, seine
Untertanen schmähten ihn als
»Bierjörge«. Doch die Zeitläufe
waren ja auch zum Saufen: Mit
zunehmender Dauer des Dreißigjährigen
Kriegs gelang es dem Lutheraner immer
weniger, ausgleichend zu wirken zwischen
der katholischen Partei um Kaiser Ferdinand
II. und den radikaleren Protestanten
um Gustav Adolf von Schweden und dem
calvinistischen Böhmenkönig Friedrich V..
Die kaiserlichen Truppen dankten dem
Sachsen die Neutralität, indem sie 1631
Magdeburg verwüsteten und sich plündernd
über Kursachsen hermachten. Ein
paar Jahre später hinterließen dann auch
die Schweden eine Brandspur der Verwüstung.
Es spricht Bände, dass der Monarch
sofort nach Kriegsende 1648 an seinem
bevorzugten Aufenthaltsort, dem Weingut
Hoflößnitz am Fuß des Goldenen Wagens,
ein Lustschlösschen errichten ließ.
GOLDENE TRAUBEN
Das »Weingebirge«, das sich schon damals
in Dutzenden Steilterrassen hinter dem
Anwesen erhob, bringt bis zum heutigen
Tag jene goldenen und Gold werten Trauben
hervor, deren vergorener Most den kurfürstlichen
Kelch füllte. Ein staatstragender
Weinberg ist der Goldene Wagen auch heute
noch, denn das sächsische Staatsweingut
Schloss Wackerbarth und das der Stadt
Radebeul gehörende Weingut Hoflößnitz
Das »Meinholdsche Turmhaus« beherbergt heute
das Weingut Aust. Die ältesten Gebäudeteile sind
von 1650, Erweiterung und Turmaufsatz um 1720.
KURFÜRST JOHANN
GEORG I. LIESS
GLEICH NACH
KRIEGSENDE 1648 EIN
LUSTSCHLÖSSCHEN AM
FUSS DES GOLDENEN
WAGENS ERBAUEN.
Fotos: beigestellt
54 falstaff jun 2021