Falstaff Magazin Deutschland 04/2021
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haben großen Anteil an der schweißtreibenden<br />
Steillage. Doch wie der Staat selbst hat<br />
sich auch der Weinbergsbesitz in den vergangenen<br />
400 Jahren demokratisiert.<br />
»111 Winzer haben Parzellen in den<br />
26,9 Hektar des Goldenen Wagens«, erläutert<br />
Karl Friedrich Aust, der von allen privaten<br />
Winzern wohl derjenige mit dem beispielhaftesten<br />
Lebenslauf ist. Das nur einen<br />
Steinwurf entfernt vom kurfürstlichen Lustschlösschen<br />
am Fuss des Goldenen Wagens<br />
gelegene Weingut mit dem markanten<br />
Turmhaus war marode, als es die die Vorbesitzer<br />
im Arbeiter- und Bauernstaat Austs<br />
Eltern vermachten. Dem Zwingerbaumeister<br />
Ulrich Aust trauten sie zu, den Besitz<br />
wieder auf Vordermann zu bringen. Vater<br />
Aust bewirtschaftete neben seinem Hauptberuf<br />
zwei Parzellen. »Diese Terrassen<br />
begleiten mich schon mein ganzes Leben<br />
lang«, sagt Karl Friedrich Aust, Jahrgang<br />
1978, »wir Kinder wurden immer angebunden,<br />
während mein Vater die Reben pflegte.<br />
Die Nachbarn fanden das grauslich, aber<br />
für uns Kinder war das schön, wir konnten<br />
uns auf die Mauern legen und hatten die<br />
Sicherheit, wir können nicht runterfallen.«<br />
Oben: Das kurfürstliche<br />
Lustschlösschen im<br />
Weingut Hoflößnitz.<br />
Unten: Schlafgemächer<br />
und Festsaal entführen den<br />
Besucher ins 17. Jahrhundert.<br />
DER KÖLNER DOM<br />
Die Weinbergsmauern sollten Aust dann<br />
auch zum Eintritt in die Welt des Weins verhelfen.<br />
Er erlernte den Beruf des Steinmetzes<br />
und sammelte als nicht einmal 20-Jähriger<br />
Erfahrung bei der Sanierung des Kölner<br />
Doms. Zurück in Radebeul verdiente er<br />
sein erstes Geld damit, eingestürzte Weinbergsmauern<br />
wieder aufzubauen, und von<br />
diesen gab es reichlich. »1997 oder 98 habe<br />
ich dann da oben einen ersten Weinberg<br />
gekauft«, erinnert sich Aust und zeigt in<br />
den Hang. »Kerner. Das waren super Trauben,<br />
und ich dachte, jetzt kann ich Wein<br />
machen.« Dabei klingt Aust, als wolle er<br />
sagen: In Wirklichkeit konnte ich noch gar<br />
nichts. Allerdings muss er dann doch zugeben,<br />
dass ihm ein Blick fürs Weinmachen,<br />
wenn vielleicht nicht in die Wiege, so doch<br />
zumindest in den Weinberg gelegt wurde:<br />
»Natürlich wussten wir schon als Kinder<br />
ganz genau, welche Traminerbeeren am<br />
besten schmeckten. Wir haben immer genau<br />
die rausgepickt, die genial waren.«<br />
<<br />
jun <strong>2021</strong><br />
falstaff<br />
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