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Falstaff Magazin Deutschland 04/2021

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wein / WORLD CHAMPIONS<br />

Oben: Château d’Yquem ist eine Trutzburg aus<br />

dem 16. Jahrhundert. Kreis: Bernard Arnault (r.)<br />

mit Pierre Lurton vor Château Cheval Blanc.<br />

AUF GEGENSEITIGKEIT<br />

Als Bernard Arnault und Albert Frère<br />

Cheval Blanc 1998 übernahmen, »hat<br />

sich mein Leben komplett verändert«,<br />

berichtet Lurton. »Zuvor hatte ich kaum<br />

Kontakt mit den Eigentümern, aber danach<br />

lebte ich in einem anderen Universum, und<br />

das mit gerade mal 42. Fantastisch! Die<br />

neuen Eigentümer haben sofort lebhaften<br />

Anteil an unserem Alltag genommen. Und<br />

ich habe sehr schnell gemerkt, dass sie mir<br />

komplett vertrauen.«<br />

Die Verantwortung auf Lurtons Schultern<br />

sollte sogar noch wachsen: Nur ein<br />

Jahr nach dem Erwerb von Cheval Blanc<br />

kaufte LVMH die Sauternes-Legende<br />

Château d’Yquem von der Familie Lur<br />

Saluces. Alexandre de Lur Saluces blieb bis<br />

zum Jahr 20<strong>04</strong> verantwortlich, dann ging<br />

die Leitung auf Pierre Lurton über. Und<br />

Lurton tat mit dem Team auf d’Yquem das<br />

Gleiche, das Bernard Arnault mit demjenigen<br />

auf Cheval Blanc getan hatte: ließ es in<br />

Ruhe weiterarbeiten, brachte ihm Respekt<br />

entgegen und unterstützte es mit Rückendeckung<br />

und finanzieller Stabilität. Yquems<br />

promovierte Önologin Sandrine Garbay,<br />

die ähnlich früh zu Yquem gekommen war<br />

wie Lurton zu Cheval Blanc, mit 27 als<br />

Laborkraft, mit 31 als leitende Kellermeisterin,<br />

wurde noch von Alexandre de Lur<br />

Saluces eingestellt. Bis zum heutigen Tag ist<br />

sie die Garantin dafür, dass die Feinjustage<br />

der so immens komplexen Produktion eines<br />

Botrytisweins Jahr für Jahr gelingt.<br />

LE GRAND LUXE<br />

»Bernard Arnault hat einen unglaublichen<br />

Überblick über seine Unternehmen und<br />

gewährt ihnen große Autonomie«, erläutert<br />

Lurton weiter. »Der Hausstil bleibt erhalten,<br />

und man bekommt die finanziellen<br />

Mittel, um ihn sogar noch präziser und<br />

finessenreicher ausdrücken zu können.«<br />

Gerade im Fall von Yquem sei diese Haltung<br />

von unschätzbarem Wert: »Yquem<br />

ist der größte Weißwein der Welt, aber er<br />

ist überhaupt nicht in Mode.« Dabei, fährt<br />

Lurton mit einer nur allzu verständlichen<br />

Werbeeinblendung fort, gebe es so viele<br />

gute Gelegenheiten für ein Glas Yquem: Er<br />

passe wunderbar als Aperitif, zum Geflügel<br />

mit Morchelrahm, zu Roquefort, zu Pasteten.<br />

Kein Kontext, der momentan sehr<br />

populär ist. »Doch Bernard Arnault sagt:<br />

›Wir schauen nicht auf die Zahlen, mach<br />

einen guten Yquem.‹ Er nimmt auch Verluste<br />

hin, denn er weiß, dass es um ein weinbauliches<br />

Erbe und um die langfristige<br />

Bewahrung einer großen Kultur geht.«<br />

Dann lehnt sich Lurton in seinem Schreibtischstuhl<br />

zurück. »LVMH wird als Luxusgüterkonzern<br />

bezeichnet, und manche<br />

Leute sagen, dem Wort ›Luxus‹ hafte etwas<br />

Snobistisches an. Aber das ist doch völlig<br />

verkehrt! Wie Bernard Arnault mit Yquem<br />

verfährt, dieser Blick auf die langfristigen<br />

Traditionslinien: Das ist er, der ›grand<br />

luxe‹, und nichts anderes.«<br />

Fotos: Shutterstock, beigestellt<br />

88 falstaff jun <strong>2021</strong>

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