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8 Theorien als Strukturen I - Moodle 2

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Arten von Wissen verwechselt, und es ist wichtig und hilfreich, diesen Unterschied<br />

zu benennen.<br />

Wenn ich sage „Ich kenne den Zeitpunkt, zu dem ich diesen speziellen Absatz<br />

geschrieben habe und Sie nicht", beziehe ich mich auf ein Wissen, das ich<br />

erworben und abgespeichert habe, das Ihnen jedoch nicht zur Verfiigung steht. Ich<br />

kenne Newtons erstes Bewegungsgesetz, bin jedoch nicht in der Lage, einen<br />

Flusskrebs zu klassifizieren. Auch dies ist eine Frage des mir verfugbaren Wissens.<br />

Die Aussagen, dass sich Maxwell nicht bewusst war, dass seine elektromagnetische<br />

Theorie Radiowellen vorhersagt, bzw. dass sich Einstein der Ergebnisse<br />

des Michelson-Morley-Experiments bewusst war, implizieren denselben Gebrauch<br />

des Begriffs „wissen" im Sinne von „sich bewusst sein". Wissen ist ein Zustand<br />

des Verstandes. Eng verbunden mit dieser sich auf den Zustand des individuellen<br />

Verstandes beziehenden Sichtweise ist die Frage, ob und wenn ja, in welchem<br />

Umfang ein Individuum einzelne oder mehrere Aussagen akzeptiert oder glaubt.<br />

Ich bin der Meinung, dass Galilei die Validitat der Nutzung von Teleskopen iiberzeugend<br />

darlegte, wahrend Feyerabend dies nicht tat. Ludwig Boltzmann akzeptierte<br />

die kinetische Theorie der Case, wahrend sein Landsmann Ernst Mach dies<br />

nicht tat. All diese Arten iiber Wissen und Aussagen zu Wissensinhalten zu sprechen,<br />

beziehen sich auf den jeweilige Zustand des Verstandes oder auf individuelle<br />

Meinungen und ist weit verbreitete und durchaus legitim. Um einen geeigneteren<br />

Begriff einzuftihren, soil die eben dargestellte Art des Wissens subjektiv benannt<br />

werden. Dies soil unterschieden werden von Wissen im objektiven Sinn.<br />

Der Satz „Meine Katze lebt in einem Haus, das keine Tiere beherbergt" ist<br />

widerspriichlich. Die Satze „Ich habe eine Katze" und „Heute ist ein Meerschweinchen<br />

gestorben" sind aus der Aussage „Heute hat meine weiBe Katze ein<br />

Meerschweinchen getotet" abgeleitet. Bei diesen Beispielen wird die den Satzen<br />

zugesprochene Eigenschaft in einem allgemeinen Sinn offensichtlich. Dies muss<br />

jedoch nicht so sein. Zum Beispiel kann ein Jurist in einem Gerichtsverfahren<br />

gegen einen Morder nach eingehender Analyse entdecken, dass die Tatsachen, die<br />

ein Zeuge berichtet, Konsequenzen haben, die den von einem anderen Zeugen<br />

berichteten Tatsachen widersprechen. Ist dies der Fall, dann ist dies unabhangig<br />

davon, ob die fraglichen Zeugen sich dessen bewusst sind oder nicht und ob sie<br />

die Aussagen fiir wahr halten oder nicht. Dartiber hinaus ware der Widerspruch,<br />

hatte der Jurist ihn nicht aufgedeckt, unentdeckt geblieben, und zu keiner Zeit<br />

ware sich jemand dessen bewusst gewesen. Dennoch waren die Aussagen weiterhin<br />

widerspruchlich. Aussagen konnen Eigenschaften haben, die unabhangig davon<br />

sind, wessen sich Individuen bewusst sind. Sie haben objektive Eigenschaften.<br />

Wir haben uns bereits in Kapitel 1 mit der Unterscheidung zwischen subjektivem<br />

und objektivem Wissen beschaftigt. Dort wurde zwischen der Wahmehmungserfahrung<br />

von Individuen und den Konsequenzen, die sie daraus ziehen<br />

einerseits, und den Beobachtungsaussagen, die sie zur Unterstiitzung heranziehen<br />

andererseits, unterschieden. Es wurde dargelegt, dass die Letzteren in einer Art<br />

und Weise offentlich uberpriifbar sind, wie das bei den zuerst Genannten nicht<br />

moglich ist.<br />

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