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8 Theorien als Strukturen I - Moodle 2

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vergieren konnen. Es ist leicht nachzuvollziehen, wie es dazu kommen kann.<br />

Nehmen wir an, zwei Wissenschafller sind zunachst uneins tiber den vermuteten<br />

Wahrheitsgehalt einer Hypothese h, die ansonsten nicht zu erwartende experimentelle<br />

Ergebnisse e vorhersagt. Derjenige, der h eine hohe Wahrscheinlichkeit<br />

zuweist, wird e <strong>als</strong> weniger unwahrscheinlich betrachten <strong>als</strong> der, der h eine niedrige<br />

Wahrscheinlichkeit zuweist. So wird P(e) flir Ersteren hoch und fur Letzteren<br />

niedrig sein. Nehmen wir nun an, dass e experimentell bestatigt wird, dann muss<br />

jeder der Wissenschafller die Wahrscheinlichkeiten fur h durch den Faktor P(e|h) /<br />

P(e) adjustieren. Nehmen wir aber an, dass sich e aus h ableiten lasst, nimmt<br />

P(e|h) den Wert 1 an, und der Faktor ist 1/P(e). Daraus folgt, dass der Wissenschaftler,<br />

der mit einer niedrigen Wahrscheinlichkeit flir h startet, diese mit einem<br />

hoheren Faktor gewichtet, <strong>als</strong> der, der mit einer hoheren Wahrscheinlichkeit begonnen<br />

hat. Je mehr positive Befunde dazukommen, desto hoher muss der vormalige<br />

Zweifler die Wahrscheinlichkeit nach oben setzen, eventuell bis zu dem<br />

Betrag des von Anfang an uberzeugten Wissenschaftlers. Auf diesem Weg, so argumentieren<br />

die Bayesianer, konnen sich stark differierende Meinungen <strong>als</strong> Folge<br />

von Befunden auf objektivem Weg annahern.<br />

12.4 Anwendungsmoglichkeiten der bayesschen Formel<br />

Der vorausgegangene Abschnitt hat einen Vorgeschmack darauf gegeben, wie<br />

Bayesianer das typische Denken im Rahmen der Wissenschaft beschrieben. In<br />

diesem wollen wir ein paar praktische Beispiele fiir den Bayesianismus anflihren.<br />

In fruheren Kapiteln wurde gezeigt, dass es eine Art Gesetz abnehmender<br />

Replikationsstudien gibt, wenn eine Theorie in Experimenten geprufl wird. Ist eine<br />

Theorie einmal durch ein Experiment bestatigt worden, wird eine Wiederholung<br />

des gleichen Experiments unter vergleichbaren Bedingungen nicht <strong>als</strong> eine ebenso<br />

Starke Bestatigung angesehen, wie dies bei dem ersten Experiment der Fall war.<br />

Dies kann mittels des bayesschen Theorems leicht begriindet werden. Sagt die<br />

Theorie T das experimentelle Ergebnis E vorher, so nimmt die Wahrscheinlichkeit<br />

P(E|T) den Wert 1 an. Damit ist der Faktor, durch den die Wahrscheinlichkeit von<br />

T auf der Grundlage eines positiven Ergebnisses E erhoht wird, 1/P(E). Jedes Mai,<br />

wenn ein Experiment erfolgreich durchgeflihrt wird, steigt die Erwartung des<br />

Wissenschaftlers, dass das Experiment auch beim nachsten Mai erfolgreich sein<br />

wird. Das bedeutet, dass P(E) steigt. Folglich wird der Wert, um den die Wahrscheinlichkeit,<br />

dass eine Theorie richtig ist, ansteigt, bei jeder Wiederholung geringer.<br />

Auch historisch gesehen spricht einiges fur den bayesschen Ansatz. Tatsachlich<br />

kann vermutet werden, dass die Auseinandersetzung von Bayesianern mit<br />

historischen Beispielen der Schlussel flir den in den letzten Jahren zu beobachtenden<br />

zunehmenden Erfolg des Ansatzes ist, ein Trend, der mit Dorling begann. In<br />

der Diskussion der Methodologie Lakatos' wurde festgestellt, dass entsprechend<br />

dieser Methodologie die Bestatigung eines Programms wichtiger ist, <strong>als</strong> eine auftretende<br />

F<strong>als</strong>ifikation, die eher den Annahmen des Schutzgtirtels <strong>als</strong> dem harten<br />

Kern zugeschrieben werden kann. Der bayessche Ansatz bietet die logische

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