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8 Theorien als Strukturen I - Moodle 2

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zu tun haben, was wir sehen. Wir konnen nicht so einfach das sehen, was wir<br />

wollen. Zwar sind die Bilder auf unserer Retina zum Teil die Ursache fiir das, was<br />

wir sehen, jedoch wird ein anderer, sehr wesentlicher Teil durch den inneren Zustand<br />

unseres Gemtits oder Verstandes verursacht, der wiedemm deutlich von<br />

unserer kulturbedingten Erziehung, unserem Wissen, unseren Erwartungen etc.<br />

abhangt, und der nicht nur von den physikalischen Eigenschaften unserer Augen<br />

Oder des beobachteten Vorgangs bestimmt wird. Zweitens bleibt das, was wir<br />

sehen, unter vielen wechselnden Bedingungen und in den verschiedensten Situationen<br />

so gut wie unverandert. Die Abhangigkeit unseres Sehens von unserem<br />

Gemiits- oder Geisteszustand ist nicht so empfmdlich, dass Kommunikation und<br />

Wissenschaft dadurch unmoglich gemacht werden. Drittens sehen in den samtlich<br />

hier angeflihrten Beispielen alle Beobachter gewissermaBen das Gleiche. In diesem<br />

Buch wird die Position vertreten, dass unabhangig vom Beobachter nur eine,<br />

einzigartige, physische Welt existiert. Wenn folglich eine Anzahl von Beobachtern<br />

eine Photographic, den Teil eines Gerates, den Objekttrager eines Mikroskops<br />

oder was auch immer betrachten, dann werden sie gewissermaBen alle mit derselben<br />

Sache konfrontiert. Sie betrachten dieselbe Sache; und sie werden demnach<br />

auch dieselbe Sache „sehen". Hieraus darf man jedoch nicht schlieBen, dass sie die<br />

gleichen Wahmehmungserfahrungen machen. In einer entscheidenden Hinsicht<br />

sehen sie eben nicht dieselbe Sache, und genau darauf basieren die angefuhrten<br />

Zweifel an der Sichtweise, dass Tatsachen dem Beobachter unproblematisch und<br />

direkt iiber die Sinne vermittelt werden. Inwieweit dies auch wissenschaflliche<br />

Tatsachen betrifft, muss noch festgestellt werden.<br />

1.4 Beobachtbare Tatsachen <strong>als</strong> Aussagen<br />

Im normalen Sprachgebrauch ist die Bedeutung des Begriffs der „Tatsache"<br />

mehrdeutig. Er kann sich auf eine Aussage beziehen, die auf die Tatsachen verweist<br />

oder er bezieht sich auf die Gegebenheiten selbst. Zum Beispiel ist es eine<br />

Tatsache, dass sich auf dem Mond Krater und Berge befinden. Hier kann die Tatsache<br />

<strong>als</strong> etwas verstanden werden, was sich auf die Krater und Berge selbst bezieht.<br />

Alternativ dazu kann die Aussage „Es gibt Krater und Berge auf dem<br />

Mond" die Tatsache darstellen. Wenn behauptet wird, dass Wissenschaft auf Tatsachen<br />

basiert bzw. aus ihnen gewonnen wird, ist fraglos die zuletzt genannte<br />

Interpretation angemessen. Wissen liber die Oberflache des Mondes basiert nicht<br />

auf Kratern und Bergen, sondem auf getroffenen Aussagen iiber Krater und Berge.<br />

Genauso wie Tatsachen, verstanden <strong>als</strong> Aussagen, getrennt werden miissen<br />

vom Zustand dessen, worauf sich die Aussagen beziehen, ist es selbstverstandlich<br />

notwendig, Aussagen iiber Tatsachen von den Wahrnehmungen zu trennen, die<br />

dazu gefuhrt haben, dass solche Aussagen <strong>als</strong> Tatsachen akzeptiert wurden. Dies<br />

war zum Beispiel ohne Frage der Fall, <strong>als</strong> Darwin seine beriihmte Reise auf der<br />

Beagle untemahm. Er entdeckte viele neue Pflanzen- und Tierarten und erlebte so<br />

eine Vielzahl neuer Wahmehmungserfahrungen. Er hatte jedoch keinerlei Beitrag<br />

zur Wissenschaft geleistet, wenn er es einfach dabei belassen hatte. Sein wissenschaftlicher<br />

Beitrag zur Biologic bestand vielmehr darin, dass er Aussagen formu-

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