8 Theorien als Strukturen I - Moodle 2
8 Theorien als Strukturen I - Moodle 2
8 Theorien als Strukturen I - Moodle 2
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
176<br />
halten. GesetzmaBiges Verhalten wird durch effiziente Verursachung hervorgemfen.<br />
Damit muss nicht, wie von Boyle, Gott zur Erklamng herangezogen werden.<br />
Die Mehrzahl der Philosophen scheint eine Ontologie, die Dispositionen oder<br />
Potenziale mit einbezieht, nur widerwillig zu akzeptieren. Ich verstehe ihren<br />
Widerwillen nicht. Die Griinde sind vielleicht zum Teil historischer Natur. Der<br />
Potenzialbegriff ist durch die mystische und unklare Art, in der er in der magischen<br />
Tradition der Renaissance verwandt wurde, in Misskredit geraten, und den<br />
Aristotelikern wurde ein etwas sorgloser Umgang mit dem Begriff vorgeworfen.<br />
Boyles Zurtickweisung von aktiven Eigenschaften im Rahmen seiner „mechanischen<br />
Philosophic" kann <strong>als</strong> Reaktion, vielleicht auch <strong>als</strong> tJberreaktion, auf die<br />
Auswuchse dieser Tradition oder auch <strong>als</strong> theologisch bedingt verstanden werden.<br />
Dennoch muss nichts Mysterioses oder epistemologisch Suspektes in der Bezugnahme<br />
auf Potenziale, Tendenzen usw. liegen. Aussagen dazu konnen genauso<br />
Gegenstand stringenter empirischer tiberprufiing sein wie jede andere Aussage.<br />
Wie wenig Philosophen auch immer geneigt sein mogen, Dispositionen anzunehmen,<br />
Wissenschaftler beziehen sich dennoch systematisch auf sie, und ihre Arbeit<br />
ware ohne sie undenkbar. Zu Boyle sei an dieser Stelle angemerkt, dass er im<br />
Gegensatz zu seiner mechanistischen Philosophic im Rahmen seiner experimentellen<br />
Arbeiten groBztigig auf Dispositionen wie Saurehaltigkeit und Elastizitat<br />
von Luft zurtickgreift. Die verschiedenen Formen der Elastizitat stellten fur die<br />
mechanistischen Philosophen des 17. Jahrhunderts eine Herausforderung dar.<br />
Hobbes beklagte, dass Boyles Annahme der Elastizitat von Luft gleichbedeutend<br />
sei mit dem Eingestandnis, dass sich Luft aus sich selbst heraus bewegen konne.<br />
Boyle und andere Wissenschaftler des 17. Jahrhunderts verwendeten das Konzept<br />
der Elastizitat weiter, und es gelang ihnen nicht, es ohne Bezugnahme auf Dispositionen<br />
zu erklaren. Dies ist bis heute niemandem gelungen. Mir ist unverstandlich,<br />
aus welchen Grunden Philosophen das Bediirfnis versptiren, die allgemein<br />
ubliche, ubiquitare Nutzung von Dispositionen durch Wissenschaftler infrage zu<br />
stellen oder wegerklaren zu wollen.<br />
Die Sichtweise, dass Gesetze Dispositionen, Potenziale, Kapazitaten oder<br />
Tendenzen von Materiellem charakterisieren, hat den Vorteil, dass von Anfang an<br />
anerkannt wird, was impliziter Bestandteil jeder wissenschaftlichen Praxis ist,<br />
namlich, dass die materielle Welt aktiv ist. Sie macht deutlich, was dazu flihrt,<br />
dass sich Systeme Gesetzen entsprechend verhalten und stellt eine Verbindung<br />
zwischen Kausalitat und Gesetzen her. Sie bietet auch eine Losung der un vorausgegangenen<br />
Kapitel behandelten Probleme der Ubertragbarkeit von Wissen, das in<br />
experimentellen Situationen gewonnen wurde, auf andere Situationen. Wird angenommen,<br />
dass die Entitaten dieser Welt das sind, was sie sind, weil sie das Potential<br />
bzw. die Disposition dazu haben - und ich behaupte, dass dies impliziter<br />
Bestandteil der Wissenschaft <strong>als</strong> auch des taglichen Lebens ist - kann von den<br />
Gesetzen, welche die in experimentellen Situationen identifizierten Potentiale und<br />
Kapazitaten beschreiben, angenommen werden, dass sie auch auBerhalb dieser<br />
Situationen angewendet werden konnen. Dennoch kann ich es nicht guten Gewissens<br />
bei dieser Aussage belassen, da es wichtige wissenschaftliche Gesetze gibt,<br />
die nicht in dieses Schema passen.