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8 Theorien als Strukturen I - Moodle 2

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werden konnen. Mayos Position harmoniert gut mit diesem Bestreben. Aus ihrer<br />

Perspektive konnen experimentelle Gesetze durch eine wie oben diskutierte<br />

strenge Uberpriifung bestatigt werden. Das Wachstum wissenschaftlicher Erkenntnis<br />

wird <strong>als</strong> Akkumulation und Erweiterung solcher Gesetze verstanden.<br />

13.4 Das Lernen aus Fehlern und das Auslosen von Revolutionen<br />

Experimentelle Resultate bestatigen eine Aussage, wenn von ihnen gesagt werden<br />

kann, dass sie frei von Fehlern sind und dass die Ergebnisse unwahrscheinlich<br />

seien, wenn die Aussage f<strong>als</strong>ch sei. Mayos Konzentration auf die Bedeutung von<br />

experimentellen Fehlern geht jedoch dartiber hinaus. Sie beschaftigt sich damit,<br />

wie gut durchgefiihrte Experimente uns lehren, aus Fehlern zu lernen. Aus diesem<br />

Blickwinkel hat ein Experiment, das dazu dient, einen Fehler in einer zuvor akzeptierten<br />

Behauptung zu entdecken, sowohl eine positive <strong>als</strong> auch eine negative<br />

Funktion. Es dient nicht nur der F<strong>als</strong>ifikation der Behauptung, sondem identifiziert<br />

auch in positiver Art und Weise einen zuvor unbekannten Effekt. Die positive<br />

Funktion der Entdeckung von Fehlern wird durch die Reformulierung des<br />

kuhnschen Begriffs der Normalwissenschaft gut illustriert.<br />

Erinnern wir uns an die Ausfuhrungen in Kapitel 8 zu den verschiedenen<br />

Antworten Poppers und Kuhns auf die Frage, warum es der Astrologie nicht gelang,<br />

sich <strong>als</strong> Wissenschaft zu qualifizieren. Nach Popper ist die Astrologie keine<br />

Wissenschaft, weil sie nicht f<strong>als</strong>ifizierbar ist. Kuhn macht dagegen deutlich, dass<br />

dies nicht richtig ist, weil die Astrologie f<strong>als</strong>ifizierbar war (und ist). Im 16. und 17.<br />

Jahrhundert, <strong>als</strong> die Astrologie „respektabel" war, machten Astrologen iiberpriifbare<br />

Vorhersagen, von denen sich viele <strong>als</strong> f<strong>als</strong>ch herausstellten. Auch wissenschaftliche<br />

<strong>Theorien</strong> machen Vorhersagen, die sich <strong>als</strong> f<strong>als</strong>ch herausstellen. Nach<br />

Kuhn liegt der Unterschied darin, dass die Wissenschaft in der Position ist, konstruktiv<br />

aus „F<strong>als</strong>ifikationen" zu lernen, wahrend das bei der Astrologie nicht der<br />

Fall ist. FUr Kuhn existiert in der Wissenschaft eine Tradition des Losens von<br />

Ratseln, die der Astrologie fehlte. Wissenschaft beinhaltet mehr <strong>als</strong> F<strong>als</strong>ifikationen.<br />

Sie beinhaltet auch ihre Uberwindung. Aus diesem Blickwinkel birgt es eine<br />

gewisse Ironie, dass Popper, der zu gewissen Zeiten seinen Ansatz mit dem Slogan<br />

„Wir lernen aus unseren Fehlern" charakterisierte, genau deshalb scheiterte,<br />

weil sein negativer f<strong>als</strong>ifikationistischer Beitrag keinen positiven Beitrag dazu<br />

umfasste, wie Wissenschaft aus Fehlern (F<strong>als</strong>ifikationen) lernt.<br />

Mayo schlieBt sich hier Kuhn an, indem sie die Normalwissenschaft mit Experimentieren<br />

gleichsetzt. Hier ein paar Beispiele far die positive Rolle, die die<br />

Entdeckung von Fehlern spielte. In Zusammenhang mit dem Hintergrundwissen<br />

der damaligen Zeit stellten die Beobachtungen problematischer Merkmale der<br />

UmlauflDahn des Uranus die Theorie Newtons vor einige Probleme. Die positive<br />

Seite des Problems lag jedoch in der Auffmdung der Quelle dieser Schwierigkeiten,<br />

die, wie bereits beschrieben, zur Entdeckung des Neptuns fuhrte. Eine andere,<br />

bereits erwahnte Episode, bezieht sich auf Hertz' Experimente zu Kathodenstrahlen,<br />

die ihn zu dem Schluss veranlassten, dass sie von einem elektrischen Feld<br />

nicht abgelenkt werden. Dass dies ein Irrtum war, konnte Thomson zeigen, indem

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