8 Theorien als Strukturen I - Moodle 2
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senschaftlich zu beschreiben. Die wissenschaftlichen Realisten behaupten, dass<br />
ihre Position an der Wissenschaftsgeschichte uberpruft werden kann und den<br />
Erfolg der Wissenschaft erklart. Der „mutmaBende" Realist halt das fiir zu ambitioniert.<br />
Bevor eine wissenschaftliche Theorie <strong>als</strong> Erklarung einer Vielzahl von<br />
Phanomenen akzeptiert werden kann, wird verniinftigerweise gefordert, dass es<br />
fur die Theorie eine Evidenz unabhangig von den zu erklarenden Phanomenen<br />
geben muss. Wie Worrall (1989b, S. 102) deutlich gemacht hat, wird der wissenschaftliche<br />
Realismus dieser Forderung gerecht, da auBer Frage steht, dass es<br />
Evidenz unabhangig von der Wissenschaftsgeschichte gibt, die den wissenschaftlichen<br />
Realismus erklaren kann. Der generelle Punkt ist, dass es schwer zu erkennen<br />
ist, wie der wissenschaftliche Realismus durch die historischen Gegebenheiten<br />
bestatigt werden kann, wenn man die stringenten Forderungen bezuglich dessen,<br />
was in der Wissenschaft selbst <strong>als</strong> signifikante Bestatigung gelten kann, emst<br />
nimmt. Der Realismus der Vermutungen wird dagegen von seinen Vertretem eher<br />
<strong>als</strong> philosophische, denn <strong>als</strong> wissenschaftliche Position gesehen, die im Rahmen<br />
der philosophischen Probleme verteidigt werden soil, die sie losen kann.<br />
Ein Hauptproblem des Realismus der Vermutungen ist die Schwache seiner<br />
Aussagen. Er behauptet weder, dass man von den momentan aktuellen <strong>Theorien</strong><br />
weiB, dass sie wahr oder annahemd wahr sind, noch behauptet er, dass die Wissenschaft<br />
schltissig einige der Dinge, die in der Welt existieren, entdeckt hatte. Er<br />
behauptet lediglich, dass die Wissenschaft anstrebt, dies zu erreichen und dass es<br />
Wege gibt, es zu erkennen, wenn die Wissenschaft dieses Ziel nicht erreicht. Der<br />
„mutmaBende" Realist muss eingestehen, dass es selbst dann, wenn man wahre<br />
<strong>Theorien</strong> und Charakterisierungen dessen, was ist, in der Wissenschaft erreicht<br />
hatte, keinen Weg gebe, dies zu erkennen. Es kann in diesem Zusammenhang<br />
gefi*agt werden, wo der Unterschied zwischen dieser Sichtweise und der anspruchsvollster<br />
Anti-Realisten liegt, wenn die gegenwartige oder die Wissenschaft<br />
der Vergangenheit verstanden und gewurdigt werden soil.<br />
15.6 Idealisierung<br />
Ein Standardeinwand gegen den Realismus, den zum Beispiel Duhem (1978)<br />
anftihrt, ist, dass <strong>Theorien</strong> nicht <strong>als</strong> wortliche Beschreibungen der Realitat verstanden<br />
werden konnen, weil theoretische Beschreibungen eben im Gegensatz zur<br />
Welt idealisiert sind. Wir erinnem uns alle daran, dass die Wissenschaft, die wir in<br />
der Schule gelemt haben, Dinge umfasste wie reibungsfi'eie Ebenen, Massepunkte<br />
sowie nicht dehnbare Schntxre, und wir wissen alle, dass es keinen Gegenstand auf<br />
dieser Welt gibt, der diesen Beschreibungen entspricht. Auch sollte es nicht so<br />
aufgefasst werden, dass dies Vereinfachungen sind, die nur in Einftihrungstexten<br />
herangezogen werden, und dass kompliziertere Beschreibungen, die den tatsachlichen<br />
Zustand beschreiben, spater in der ft)rtgeschritteneren Wissenschaft eingefiihrt<br />
wtirden. Indem sie zum Beispiel die Planeten <strong>als</strong> Massepunkte oder <strong>als</strong> homogene<br />
kugelft)rmige Korper und Ahnliches behandelt, nimmt die newtonsche<br />
Mechanik in der Astronomic zwangslaufig Annaherungen vor. Wenn die Quantenmechanik<br />
eingesetzt wird, um Eigenschaften des Wasserstoffatoms, wie zum