8 Theorien als Strukturen I - Moodle 2
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zen gibt. Tarski loste dieses Problem fur Sprachen mit einer endlichen Anzahl<br />
einzelner Pradikate, wie „ist weiB" oder „ist ein Tisch". Seine Technik setzte es<br />
<strong>als</strong> gegeben voraus, dass ein Pradikat einem Objekt x zugeordnet werden kann.^^<br />
Beispiele aus der Umgangssprache klingen trivial. Das Pradikat „ist weiB" kann<br />
zum Beispiel dem Objekt x zugeordnet werden, wenn - und nur dann - das Objekt<br />
X weiB ist. Ausgehend von einem solchen Zuordnungsbegriff fur alle Pradikate<br />
einer Sprache, zeigt Tarski auf, wie der Wahrheitsbegriff auf dieser Grundlage fur<br />
alle Satze einer Sprache entwickelt werden kann. Ausgehend von dem Begriff der<br />
„Erfullung" defmiert Tarski den Wahrheitsbegriff in einer technischen Terminologie<br />
rekursiv.<br />
Tarskis Ergebnisse waren fiir die mathematische Logik in formaler Hinsicht<br />
zweifelsfrei von groBer Bedeutung. Sie waren von fimdamentaler Bedeutung fur<br />
die Modelltheorie und hatten Auswirkungen auf die Beweistheorie. Das geht jedoch<br />
iiber den Gegenstand dieses Buchs hinaus. Tarski zeigte auch, wie Widersprtiche<br />
entstehen, wenn in der natUrlichen Sprache iiber Wahrheit diskutiert wird<br />
und wie diese Widersprtlche vermieden werden konnen. Ich denke jedoch nicht,<br />
dass er dartiber hinausging, und Tarski selbst scheint ebenso gedacht zu haben.<br />
Fur unser Anliegen vermute ich, dass von Tarskis Korrespondenztheorie der Wahrheit<br />
nicht mehr bleibt, <strong>als</strong> das, was in der trivialen Aussage, „Schnee ist weiB, ist<br />
dann wahr, wenn Schnee weiB ist", steckt: Die Tatsache, dass es Tarski gelungen<br />
ist, zu zeigen, dass eine allgemein akzeptierte Idee von Wahrheit so eingesetzt<br />
werden kann, dass sie von den Paradoxien, die sie zu gefahrden schienen, befreit<br />
ist. Aus diesem Blickwinkel ist eine wissenschaftliche Theorie iiber die Welt dann<br />
wahr, wenn die Welt so ist, wie es die Theorie besagt, und f<strong>als</strong>ch, wenn dies nicht<br />
der Fall ist. Sofem unsere Diskussion des Realismus den Begriff der Wahrheit<br />
aufgreifl, soil auf diesen Wahrheitsbegriff Bezug genommen werden.<br />
Fiir diese Art der Verteidigung des globalen Anti-Realismus gilt weiterhin,<br />
dass die Korrespondenztheorie der Wahrheit nicht, wie behauptet, ohne Sprache<br />
auskommt, in der die Beziehung zwischen Satzen und der Welt beschrieben wird.<br />
Wenn ich gefragt werde, womit eine Aussage wie „Die Katze ist auf der Matratze"<br />
korrespondiert, muss ich, wenn ich die Antwort nicht verweigem will, mit einer<br />
Aussage antworten. Ich werde antworten, die Aussage, „Die Katze liegt auf der<br />
Matratze" korrespondiert damit, dass die Katze auf der Matratze liegt. Es lieBe<br />
sich der Einwand vorbringen, dass ich mit meiner Antwort nicht das Verhaltnis<br />
zwischen einer Aussage und der Welt charakterisiert habe, sondem das Verhaltnis<br />
zwischen einer Aussage und einer anderen. Dass dieser Einwand fehlgeleitet ist,<br />
macht eine Analogic deutlich. Werde ich zu einer Landkarte von Australien gefragt,<br />
worauf sich diese bezieht, lautet die Antwort „Australien". Mit dieser Antwort<br />
sage ich nicht, dass sie sich auf das Wort „Australien" bezieht. Werde ich<br />
gefragt, worauf sich die Landkarte bezieht, gibt es keine Alternative zu einer verbalen<br />
Erwiderung. Die Landkarte ist die einer groBen Landmasse, die „Australien"<br />
genannt wird. Weder im Fall der Katze noch im Fall der Landkarte kann vemunftigerweise<br />
gesagt werden, dass die verbale Erwiderung die Aussage zulasst, dass<br />
^^ Tarski verwendet hier den Begriff der „ErfLlllung" oder „Befriedigung" (vgl. Popper, 1982, S. 219;<br />
Anm. d. Hrsg.)