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8 Theorien als Strukturen I - Moodle 2

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einer universellen Methode darstellt. Wie der Titel des 1989 publizierten Textes<br />

von Howson und Urbach deutlich signalisiert, erscheint der bayessche Ansatz <strong>als</strong><br />

ein Versuch, einen Beitrag zum wissenschaftlichen Denken im Allgemeinen zu<br />

liefem. Dieser Eindruck birgt jedoch noch keine Analyse. Selbst wenn wir die<br />

bayessche Strategie unhinterfragt akzeptieren, ist das, was sie uns bietet, ein genereller<br />

Weg, die Wahrscheinlichkeiten zu bestimmen, die tFberzeugungen im<br />

Lichte neuer Befunde zugewiesen werden mtissen. Er hebt das wissenschaftliche<br />

Denken nicht heraus und unterscheidet es nicht von anderen Bereichen. Tatsachlich<br />

liegt die ntitzlichste Anwendung des bayesschen Ansatzes eher im Bereich<br />

des Glucksspiels <strong>als</strong> in dem der Wissenschaft. In der Konsequenz muss der bayessche<br />

Ansatz dann, wenn er uns etwas zur Wissenschaft im Speziellen sagen will,<br />

um einige auf ihm beruhende Beitrage zu Oberzeugungen und Beftmden in der<br />

Wissenschaft erweitert werden. Ich behaupte, dass dies nur durch eine sorgfaltige<br />

Beriicksichtigung der Wissenschaft selbst moglich ist. Im Weiteren gehe ich davon<br />

aus, dass sich Unterschiede zwischen den verschiedenen Wissenschaften, und<br />

sogar qualitative Wechsel innerhalb der Methoden der einzelnen Wissenschaften,<br />

zeigen werden. Das bedeutet, dass der bayessche Ansatz das Leugnen einer universellen<br />

Methode nicht infrage stellt und genau die Art epistemologischer Wissenschaftsgeschichte<br />

benotigt, ftir die ich mich hier ausspreche.<br />

Der Neue Experimentalismus hat sicher einige wichtige Merkmale des Experiments<br />

und dessen, was durch das Experiment in der Physik und der Biologic<br />

erreicht werden konnte, aufgedeckt. Dennoch kann er nicht den universellen Beitrag<br />

zur Wissenschaft leisten. Durch Beispiele hat der Neue Experimentalismus<br />

die Moglichkeiten und Erft)lge von Experimenten in den Naturwissenschaften der<br />

letzten 300 Jahre aufgezeigt, und Mayo hat durch die Bezugnahme auf die Fehlertheorie<br />

und die Statistik eine ft)rmale Untermauerung des experimentellen Denkens<br />

geliefert. Aus zwei Grtinden reicht dies fur einen universellen Beitrag zur<br />

Wissenschaft jedoch nicht aus: Zum einen macht die Betonung der experimentellen<br />

Manipulation, die der Neue Experimentalismus beinhaltet, diesen Ansatz<br />

weitgehend irrelevant fur das Verstandnis von Disziplinen, in denen eine experimentelle<br />

Manipulation weitgehend unmoglich oder unangemessen ist. Das gilt vor<br />

allem ftir die Sozial- und Geschichtswissenschaften. Es ware denkbar, diese<br />

Schlussfolgerungen zu umgehen, indem man Wissenschaft mit experimenteller<br />

Wissenschaft gleichsetzt, was jedoch kaum diejenigen befi'iedigen wurde, die sich<br />

selbst zum Beispiel <strong>als</strong> Politikwissenschaftler bezeichnen. Zum anderen wurde in<br />

Kapitel 13 ins Feld geftihrt, dass der Ansatz des Neuen Experimentalismus insofem<br />

unvollstandig ist, <strong>als</strong> er keinen geeigneten Beitrag zu der entscheidenden<br />

Rolle leistet, die <strong>Theorien</strong> in der Wissenschaft spielen. Ich denke, dass Galison<br />

dies in seinem Text von 1997 sehr deutlich macht, in dem er, mit Blick auf die<br />

Moglichkeiten und Entwicklungen von Teilchendetektoren und -zahler, einen<br />

reichhaltigen deskriptiven Beitrag zum Fortschritt der Teilchenphysik des 20.<br />

Jahrhunderts liefert. Was dieses Buch offen lasst, ist die Beziehung zwischen dem<br />

experimentellen Nachweis von Teilchen und ausgefeilten <strong>Theorien</strong> uber deren<br />

Symmetric und Erhaltungsprinzipien, mittels derer Teilchen verstanden und eingeordnet<br />

werden konnen. Zum gegenwartigen Zeitpunkt halte ich es fur ein auBerordentliches<br />

und drangendes Problem der Philosophic der Naturwissenschaften,<br />

199

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