8 Theorien als Strukturen I - Moodle 2
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bener Beobachtungsaussagen wiirde jedoch zweifellos eine sehr unbefriedigende<br />
Gmndlage fur die jeweilige Verallgemeinemng darstellen. Deshalb ist Bedingung<br />
(2) notwendig. Die Aussage „Alle Metalle dehnen sich aus, wenn sie erhitzt werden"<br />
stellt nur dann eine berechtigte Verallgemeinemng dar, wenn die ihr zugrundeliegenden<br />
Beobachtungen unter einer Vielzahl von Bedingungen stattgefunden<br />
haben. Verschiedene Arten von Metallen mtissen erhitzt worden sein.<br />
Lange Eisenstangen, kurze Eisenstangen, Silberstabe, Kupferstabe etc. sollten<br />
sowohl unter hohem Druck, unter sehr hohen und unter weniger hohen Temperaturen<br />
erhitzt worden sein usw. Wenn sich unter samtlichen Bedingungen alle erhitzten<br />
Metallteile ausgedehnt haben, dann, und nur dann, ist es gerechtfertigt, aus<br />
der Menge der Beobachtungsaussagen ein allgemeines Gesetz abzuleiten. Wenn<br />
nun ein bestimmtes Metallsttick beobachtet wird, das sich bei Erwarmung nicht<br />
ausdehnt, so ist es offensichtlich, dass die Verallgemeinerung nicht gerechtfertigt<br />
ist. Bedingung (3) ist unentbehrlich.<br />
Das oben Dargestellte kann in dem folgenden Prinzip der Induktion zusammengefasst<br />
werden:<br />
Wenn eine groBe Anzahl von A unter einer groBen Vielfalt von Bedingungen<br />
beobachtet wird, und wenn alle diese beobachteten A<br />
ohne Ausnahme die Eigenschaft B besitzen, dann besitzen alle A die<br />
Eigenschaft B.<br />
Es gibt einige emstzunehmende Probleme mit dieser Charakterisierung der Induktion.<br />
Betrachten wir die erste Bedingung, die Forderung nach einer groBen<br />
Anzahl von Beobachtungen. Eine Schwierigkeit stellt die Unklarheit des Begriffs<br />
„groB" dar. Werden hundert, tausend oder mehr Beobachtungen gefordert? Soil<br />
hier eine groBere Prazision erreicht werden, indem eine Zahl eingesetzt wird, lage<br />
in der Wahl einer bestimmten Menge sicher eine nicht unerhebliche Willkur. Das<br />
ist aber nicht das einzige Problem. Es gibt eine Reihe von Beispielen, in denen die<br />
Forderung nach eine groBen Menge von Fallen unangemessen erscheint. Um dies<br />
zu veranschaulichen, wollen wir die starke offentliche Reaktion gegen die atomare<br />
Kriegsfuhrung in Erinnerung rufen, die auf den ersten Abwurf einer Atombombe<br />
iiber Hiroshima gegen Ende des Zweiten Weltkrieges erfolgte. Diese Reaktion<br />
beruhte auf der Einsicht, dass Atombomben in unglaublicher Weise Tod und Zerstorung<br />
sowie grenzenloses menschliches Leid verursachen. Und doch basierte<br />
diese allgemein getragene Uberzeugung auf lediglich einer dramatischen Beobachtung.<br />
So wiirde auch nur ein extrem starrkopfiger Induktivist seine Hand viele<br />
Male ins Feuer halten, bevor er zu dem Schluss kommt, dass Feuer brennt. Betrachten<br />
wir ein weniger ausgefallenes Beispiel, das sich auf die wissenschaftliche<br />
Praxis bezieht. Angenommen, ich mochte die Ergebnisse einer Replikation eines<br />
Experiments, uber das vor kurzem in einigen wissenschaftlichen Zeitschriften<br />
berichtet wurde, publizieren lassen, mit Sicherheit wird der Herausgeber der betreffenden<br />
Zeitschrift meinen Artikel nicht annehmen und dies damit erklaren,<br />
dass das Experiment bereits durchgefiihrt wurde. Man sieht, Bedingung 1 steckt<br />
voller Probleme.