8 Theorien als Strukturen I - Moodle 2
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bewusst waren und well es Schwankungen der Ergebnisse verschiedener Messungen<br />
vom Atomgewicht bestimmter Elemente gab. Die Wahrscheinlichkeit von<br />
P(e) wurde auf der Gmndlage der Annahme festgelegt, dass die Alternative zu h<br />
eine zufallige Verteilung von Atomgewichten ist. P(e| nicht h & a) wurde daher<br />
der Wert 0,01 zugewiesen, weil sich bei einer zufalligen Verteilung von Atomgewichten<br />
eine einprozentige Wahrscheinlichkeit fur ein Gewicht von 35,83 ergibt.<br />
Diese und ein paar andere Wahrscheinlichkeiten werden in das bayessche Theorem<br />
eingesetzt, um die Posteriorwahrscheinlichkeiten P(h|e) und P(a|e) fur h und a<br />
zu erhalten. Die Ergebnisse sind 0,878 (fur h) und 0,073 (fur a). Festzustellen ist,<br />
dass sich die Wahrscheinlichkeit h flir Prouts Hypothese nur geringfiigig von der<br />
urspriinglichen Wahrscheinlichkeit von 0,9 unterscheidet, wahrend die Wahrscheinlichkeit<br />
a, <strong>als</strong>o die Annahme, dass die Messungen zuverlassig sind, dramatisch<br />
vom Wert 0,6 auf den Wert 0,073 fallt. Howson und Urbach schlieBen daraus,<br />
dass es fur die Proutianer eine rationale Reaktion war, ihre Hypothese beizubehalten<br />
und die Messungen anzuzweifeln. Sie weisen darauf hin, dass die in die<br />
Formel eingesetzten absoluten Werte nicht von allzu groBer Bedeutung sind,<br />
solange ihre relative Hohe die sich aus der historischen Literatur ergebenden Einschatzungen<br />
der Proutianer widerspiegeln.<br />
Der bayessche Ansatz kann herangezogen werden, um einige der Standardbeitrage<br />
zur Unerwtinschtheit von Ad-hoc-UypothQSQn und ahnlichen Themen<br />
infrage zu stellen. Weiter oben wurde in Anlehnung an Popper der Gedanke vorgestellt,<br />
dass Ad-hoc-HypothQSQn deswegen nicht wiinschenswert sind, weil sie<br />
nicht unabhangig von den Befunden geprtift werden konnen, die zu ihrer Formulierung<br />
gefuhrt haben. Vergleichbar ist die Annahme, dass Befunde, die zur Konstruktion<br />
einer Theorie herangezogen wurden, nicht gleichzeitig <strong>als</strong> Beleg fur<br />
diese Theorie verwendet werden konnen. Auch wenn dies manchmal zu angemessenen<br />
Antworten darauf, wie gut eine Theorie durch Belege bestatigt ist, fiihrt,<br />
kann dieser Gedanke aus bayesscher Sicht auch in die Irre fuhren. Daruber hinaus<br />
wird die zugrundeliegende Logik f<strong>als</strong>ch verstanden. Die Bayesianer bieten hier<br />
folgende Losung an.<br />
Bayesianer stimmen der Meinung zu, dass eine Theorie besser durch eine<br />
gewisse Variationsbreite von Befunden bestatigt ist, <strong>als</strong> durch bestimmte einzelne<br />
Belege. Eine einfache bayessche Logik erklart, warum das so sein muss: Bemuhungen,<br />
eine Theorie durch ein und denselben Befund zu bestatigen, werden immer<br />
seltener. Das folgt aus der Tatsache, dass mit jedem Versuch, eine Theorie<br />
durch denselben Befund zu bestatigen, die Wahrscheinlichkeit, dass dieser erfolgreich<br />
sein wird, zunimmt. Im Gegensatz dazu ist die Priorwahrscheinlichkeit, dass<br />
ein neuartiger Befund die Theorie bestatigen wird, vergleichsweise niedrig. Wird<br />
ein solcher Wert in die bayessche Formel eingesetzt, fiihrt er zu einem signifikanten<br />
Anstieg der Wahrscheinlichkeit der Theorie. Die Bedeutung unabhangiger<br />
Befunde steht auBer Frage. Dennoch drangen Howson und Urbach darauf, dass<br />
das Fehlen unabhangiger Cberprufungen kein geeigneter Grund zur (Dis-)Qualifizierung<br />
einer Hypothese <strong>als</strong> Ad-hoc-HypothesQ ist. Sie gehen sogar so weit, zu<br />
leugnen, dass Daten, die zur Konstruktion einer Theorie herangezogen wurden,<br />
nicht verwendet werden konnen, um sie zu bestatigen.