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8 Theorien als Strukturen I - Moodle 2

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gramms so gut wie keine Probleme auf, da der harte Kern und die positive Heuristik<br />

dazu dienen, eine ausreichend stabile Beobachtungssprache zu definieren.<br />

Wie oben erwahnt, beinhaltet Lakatos' Version einer kuhnschen Revolution<br />

das Verdrangen eines Forschungsprogramms durch ein anderes. Wie wir gesehen<br />

haben, war es Kuhn (1979, S. 105) nicht moglich, eine klare Antwort auf die<br />

Frage zu geben, wann von einem Paradigma gesagt werden kann, dass es dem, das<br />

es ersetzt, tiberlegen ist. Kuhn sah keine andere Moglichkeit, <strong>als</strong> sich auf die Autoritat<br />

der Scientific community zu beziehen. Paradigmen sind ihren jeweiligen Vorgangem<br />

tiberlegen, weil dies die Scientific community so einschatzt, und es gibt<br />

„keine hohere Norm <strong>als</strong> die Billigung durch die jeweilige Gemeinschaft". Lakatos<br />

behagten die relativistischen Implikationen von Kuhns Theorie nicht. Er suchte<br />

nach MaBstaben, die auBerhalb der jeweiligen Paradigmen, oder in Lakatos Fall<br />

Forschungsprogramme, liegen, die eingesetzt werden konnen, um nicht-relativistische<br />

Kriterien zu identifizieren, nach denen Wissenschaft voranschreitet. In gewissem<br />

Umfang liegen solche Standards in seiner Konzeption von degenerierten<br />

bzw. progressiven Forschungsprogrammen. Fortschritt bedeutet das Ersetzen eines<br />

degenerierten durch ein progressives Forschungsprogramm, wobei letzteres insofem<br />

eine Verbesserung gegentiber ersterem darstellt, <strong>als</strong> es sich effektiver im<br />

Vorhersagen neuartiger Phanomene erwiesen hat.<br />

9.4 Neuartige Vorhersagen<br />

Das nicht-relativistische MaB fur Fortschritt, das Lakatos vorgeschlagen hat, legt<br />

sehr viel Wert auf das Konzept neuartiger Vorhersagen. Ein Programm ist einem<br />

anderen tiberlegen, wenn es erfolgreicher neuartige Phanomene vorhersagt. Wie<br />

Lakatos feststellt, ist das Konzept neuartiger Vorhersagen jedoch nicht so klar,<br />

wie es im ersten Moment erscheinen mag. Es bedarf einiger Sorgfalt, dieses Konzept<br />

in eine Form zu bringen, in der es dem Zweck dienen kann, den es innerhalb<br />

der lakatosschen Methodologie hat. Dies gilt auch fiir jede andere Methodologie,<br />

die von diesem Konzept Gebrauch macht.<br />

Neuartige Vorhersagen haben wir bereits im Rahmen der popperschen Methodologie<br />

gefunden. Im Wesentlichen scheint eine Vorhersage fiir Popper zu<br />

einer bestimmten Zeit neu zu sein, wenn sie nicht Bestandteil des Wissens ist, das<br />

zu dieser Zeit bekannt und allgemein akzeptiert ist oder wenn es zu diesem Wissen<br />

im Widerspruch steht. Fiir Popper entspricht die Uberprufung einer Theorie<br />

uber ihre neuartigen Vorhersagen einer strengen Pnifung dieser Theorie, weil<br />

diese Vorhersagen den landlaufigen Erwartungen widersprechen. Wie Lakatos<br />

selbst feststellte, erfullt sein Gebrauch des Konzepts neuartiger Vorhersagen (das<br />

dem Poppers sehr ahnlich ist) nicht den von ihm angestrebten Zweck, die Progressivitat<br />

eines Forschungsprogramms zu charakterisieren. Dies wird durch eine<br />

Reihe eindeutiger Gegenbeispiele belegt, auf die Lakatos zur Verdeutlichung<br />

seiner Position zuriickgreift. Diese Gegenbeispiele beziehen sich auf Situationen,<br />

in denen der Wert eines Forschungsprogramms an seiner Fahigkeit festgemacht<br />

wird, Phanomene zu erklaren, die zu der gegebenen Zeit allgemein bekannt und<br />

nicht im popperschen Sinn neuartig waren.<br />

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