8 Theorien als Strukturen I - Moodle 2
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hundert entworfen. Diese Theorie wurde in den folgenden Jahrzehnten verbessert<br />
und erweitert. Ein zweiter Zugang zu unserer Frage hinsichtlich der Uberlegenheit<br />
der teleskopischen Beobachtung gegentiber der mit bloBem Auge ist der, die<br />
Effektivitat des Teleskops praktisch zu demonstrieren, etwa dadurch, es auf entfemt<br />
gelegene Turme, Schiffe o.A. zu richten und zu zeigen, wie das Instrument<br />
Gegenstande vergroBert und das Auflosungsvermogen erhoht. Es gibt jedoch eine<br />
Schwierigkeit bei dieser Art von Rechtfertigung des Teleskops in der Astronomie.<br />
Wenn irdische Objekte durch das Teleskop betrachtet werden, ist es moglich, den<br />
betrachteten Gegenstand von Aberrationen, die durch das Teleskop verursacht<br />
werden, zu unterscheiden, da der Beobachter mit dem Aussehen eines Turmes<br />
Oder beispielsweise eines Schiffes vertraut ist. Dies aber trifft nicht zu, wenn ein<br />
Beobachter den Himmel erforscht und auf Phanomene stoBt, die er nicht kennt. In<br />
dieser Hinsicht ist es bedeutsam, dass Galileis Beschreibung von der Mondoberflache,<br />
wie er sie durch das Teleskop sah, einige Krater enthielt, die dort in Wirklichkeit<br />
nicht existieren. Vermutlich waren jene „Krater" Aberrationen, die auf die<br />
Funktionsweise von Galileis noch recht unvollkommenem Teleskop zuriickzufuhren<br />
sind. Dies soil geniigen, um die Problematik der Rechtfertigung der Beobachtung<br />
mit dem Teleskop aufzuzeigen und darzulegen, dass dies keineswegs unproblematisch<br />
ist. Galileis Widersacher, die seine Entdeckungen infrage stellten,<br />
waren nicht alles engstirnige und sture Reaktionare. Rechtfertigungen erfolgten<br />
und wurden zunehmend angemessener, wahrend gleichzeitig immer bessere<br />
Teleskope konstruiert und <strong>Theorien</strong> der Optik fur ihre Funktionsweise entwickelt<br />
wurden. Dies alles aber brauchte seine Zeit.<br />
Der bedeutendste wissenschaftliche Beitrag von Galilei waren seine Arbeiten<br />
innerhalb der Mechanik. Er lieferte einige der Grundlagen der newtonschen<br />
Mechanik, die die aristotelische Mechanik ersetzen sollte. Er unterschied deutlich<br />
zwischen Geschwindigkeit und Beschleunigung und stellte die Behauptung auf,<br />
dass sich Objekte im freien Fall mit einer konstanten Beschleunigung bewegen,<br />
die unabhangig von ihrem Gewicht ist, wobei der zuriickgelegte Weg dem Quadrat<br />
der Fallzeit proportional ist. Er bestritt die Behauptung von Aristoteles, dass<br />
jede Bewegung verursacht werden musse, und machte geltend, dass die Geschwindigkeit<br />
eines sich langs einer Kreisbahn um die Erde bewegten Korpers<br />
weder zu- noch abnehmen konne, da er weder falle noch steige. Er analysierte die<br />
Bewegungen von Wurfgeschossen durch eine Zerlegung in Komponenten: in eine<br />
horizontale Komponente, die eine konstante Geschwindigkeit gemaB dem Tragheitsgesetz<br />
darstellt und in eine vertikale Komponente, die einer konstanten Beschleunigung<br />
nach unten unterliegt. Er zeigte, dass die resultierende Bahn des<br />
Wurfkorpers durch eine Parabel beschrieben wird. Er entwickelte das Konzept der<br />
relativen Bewegung und bewies, dass die gleichformige Bewegung eines Systems<br />
mechanisch nicht ohne Riickgriff auf irgendeinen Bezugspunkt auBerhalb des<br />
Systems wahrgenommen werden kann.<br />
Seine entscheidenden Entwicklungen brachte Galilei nicht auf einmal hervor.<br />
Sie entstanden nach und nach in uber einem halben Jahrhundert und wurden in<br />
seinem Buch ,,Unterredungen und mathematische Demonstrationen uber zwei<br />
neue Wissenszweige, die Mechanik und die Fallgesetze betreffend'' (Galilei,<br />
1987b), das erstm<strong>als</strong> 1638 veroffentlicht wurde, zusammengefasst - fast ein Jahr-