8 Theorien als Strukturen I - Moodle 2
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entfemt befinden, wahrend sich die Deferenten, deren Bewegung die Planetenbewegung<br />
tiberlagem, immer im selben Erdabstand bewegen. Im System Tycho<br />
Brahes kommen sie aus den gleichen Grunden wie im kopemikanischen System<br />
vor, da beide Systeme geometrisch Equivalent sind. Price (1969) wies ganz allgemein<br />
nach, dass dies immer dann so sein musse, wenn die Epizykel der Systeme<br />
so abgestimmt sind, dass sie mit den beobachteten Winkelpositionen der Planeten<br />
und der Sonne iibereinstimmen. Die Tatsache, dass die augenscheinliche GroBe<br />
der Planeten schon seit der Antike die bedeutenden astronomischen <strong>Theorien</strong> vor<br />
Probleme gestellt hat, raumte Osiander in seiner Einfiihrung zu Kopernikus' ,,Revolution<br />
der Himmlischen Sphdrert' ein.<br />
Wir haben den Weg nachvollzogen, auf dem Galilei fiir einige bedeutsame<br />
teleskopische Entdeckungen argumentierte, wobei angenommen werden kann,<br />
dass die Argumente schlagend waren, da die Geschichte zeigt, dass sie in kurzer<br />
Zeit alle emstzunehmenden Gegner Galileis uberzeugten. Indem Galilei seine<br />
Methode etablierte, machte er einen Schritt in eine Richtung, die zum allgemeinen<br />
Trend der Wissenschaft wurde: Das Ersetzen von Beobachtungen mit bloBem<br />
Auge durch Daten, die mithilfe von Instrumenten gewonnen werden. Indem er<br />
dies tat, verletzte er „das Kriterium der Wissenschaft selbst" und fiihrte beztiglich<br />
dieses Kriteriums einen Wechsel herbei. Wie lasst sich diese Leistung auf das Ftir<br />
und Wider gegentiber den Methoden beziehen?<br />
11.3 Der sukzessive Wechsel von <strong>Theorien</strong>, Methoden und Standards<br />
Wie ist es moglich, dass Galilei einen Wechsel von MaBstaben zuwege brachte,<br />
wo Argumente, wie die von Worrall, darauf abzielen, dass dies nicht moglich sei?<br />
Es war moglich, weil Galilei einiges mit seinen Rivalen gemeinsam hatte. In dem,<br />
was sie anstrebten, gab es groBe LFberschneidungen. Unter anderem hatten sie alle<br />
das Ziel, die Bewegungen von Himmelskorpern zu beschreiben. Ptolemaus'<br />
Almagest ist voller Aufzeichnungen von Planetenpositionen, und Tycho Brahe ist<br />
beriihmt fur seine Konstruktion massiver Quadranten und Ahnlichem, die die<br />
Exaktheit solcher Aufzeichnungen verbesserten. Bezuglich der einfachen Beobachtungen<br />
Galileis, wie die Beobachtung, dass eine Lampe bei Nacht aus der<br />
Feme groBer erscheint, <strong>als</strong> sie ist, und dass die Venus bei Tag kleiner erscheint <strong>als</strong><br />
bei Nacht, hatten seine Opponenten keine andere Wahl, <strong>als</strong> sie zu akzeptieren. Vor<br />
dem Hintergrund des gleichen Ziels, gentigten Galilei solche Beobachtungen, um<br />
seine Gegner zu uberzeugen, indem er „ausgefeilte Uberzeugungstechniken" einsetzte,<br />
die in nichts anderem bestanden <strong>als</strong> klaren Argumenten, sodass sie schlieBlich<br />
vom „Kriterium der Wissenschaft selbst" ablieBen und teleskopische Daten<br />
eher akzeptierten <strong>als</strong> die mit bloBem Auge gewonnenen.<br />
In jeder Phase ihrer Entwicklung besteht eine Wissenschaft aus bestimmten<br />
Zielen, spezifisches Wissen zu generieren, Methoden, diese Ziele zu erreichen,<br />
MaBstaben zur Beurteilung der Frage, ob diese Ziele erreicht wurden, sowie Tatsachen<br />
und <strong>Theorien</strong>, die den Stand der Zielerreichung reprasentieren. Im Lichte<br />
der Forschung ist jedes einzelne Element im Netz der Gegebenheiten Gegenstand<br />
der Revision. Es wurde bereits diskutiert, dass <strong>Theorien</strong> und Tatsachen fehlbar